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Drei sind zwei zu viel

Berlin: Planung des Großflughafens kommt kaum voran. Innerstädtische Airports erweitern

von RICHARD ROTHER

Wer ein Haus baut, weiß: Alles, was nicht schon in Stein gemeißelt ist, kann ständig verändert werden. Das muss mitnichten von Vorteil sein. Sei es, dass neidischen Nachbarn ein Weg zu dicht am Zaun verläuft, sei es, dass das Geld knapp wird oder – schlimmer noch – sich die Kleinfamilie nicht einig ist. Ähnlich steht es um die Flughafenarchitektur der Hauptstadt: Mehr als zehn Jahre nach der Wende ist noch nicht geklärt, wer demnächst wo in Berlin landen soll. Unklar auch, wer und wie den neuen Großflughafen in Schönefeld, dieses Märchen vom Glück am südlichen Stadtrand, errichten soll.

Dass längst beschlossene Konzepte in der Familie in Frage gestellt werden, lässt indes Zweifel aufkommen, ob wirklich alle das neue Haus bauen wollen. Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt (SPD) hat jüngst mit seinem Vorschlag für Furore gesorgt, den innerstädtischen Luftbrücken-Airport Tempelhof, dieses in Beton gegossenes Wahrzeichen Westberliner Unabhängigkeit, über das Jahr 2002 hinaus offen zu halten.

Klimmt verabschiedet sich damit vom Konsensbeschluss aus dem Jahre 1996. Nach jahrelangem Streit hatten sich der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg darauf geeinigt, Schönefeld bis 2007 zu einem Großflughafen auszubauen. Dafür sollten die innerstädtischen Flughäfen Tegel 2007 und Tempelhof 2002 geschlosen werden. Die Flughafenplaner reagieren gelassen auf Klimmts Vorstoß. „Es gibt den Konsensbeschluss“, sagt ein Sprecher der Planungsgesellschaft PPS. Wenn die Politik diesen ändern wolle, müsse sie sich eben darauf einigen.

Dem ehrgeizigen Großflughafenprojekt in Schönefeld droht aber nicht nur Ungemach aus dem Westberliner Süden (Tempelhof), sondern auch aus dem Norden (Tegel). Dort wird der Flughafen derzeit für 25 Millionen Mark ausgebaut. „Das ist, wie wenn zwei Jugendlich ihr Mofa frisieren und die Maschine dann 28 statt 25 km/h fährt“, beruhigt eine Flughafenplaner.

Schönefeld fristet allerdings ein Mauerblümchendasein: Während Tegel aus allen Nähten platzt, ist Schönefeld gerade mal zur Hälfte ausgelastet. Lieber weichen die Airlines nach Tempelhof aus, als auf dem ungeliebten Vorstadt-Airport zu landen.

Das liegt nicht nur an der von vielen als ungenügend betrachteten Verkehrsanbindung von Schönefeld. Immerhin braucht der Airport-Express 40 Minuten aus der Innenstadt, mit dem Auto sind die Manager noch länger unterwegs. Schönefeld hat auch ein Image-Problem: Den Westberlinern ist der Ost-Airport einfach zu weit weg, nicht nur räumlich.

Dass sich daran etwas ändert, wenn der neue Großflughafen tatsächlich 2007 – derzeit sind die Verhandlungen mit dem potenziellen Investor auf den Stand von 1998 zurückgeworfen – mit neuem Autobahn- und Zuganschluss in Betrieb geht, ist zumindest fraglich. Fakt ist: Wenn mit der Inbetriebnahme von Schönefeld nicht mit einer Hauruck-Entscheidung die beiden innerstädtischen Konkurrenz-Airports geschlossen werden, hat der Flughafen am Stadtrand keine Chance. Das Hickhack um den Mailänder Flughafen Malpensa zeigt, dass ein Jwd-Airport nicht mit einem innerstädtischen konkurrieren kann. Und wenn in München der alte Flughafen nicht geschlossen worden wäre, hätten die meisten Passagiere „Franz Josef Strauß“ ignoriert – wie ein einsames Häuschen im Moor.

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