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Betr.: Antworten auf Letzte Fragen

Irgendwas; irgendwie; irgendwo; irgendwann; ja sogar irgendwen, aber kein „irgendwarum“. Weshalb? (29. 4. 00)

Irgendwegen.

Michael Paschko, Münster

Vielleicht ja, weil die Deutschen denken, dass jede Erscheinung nur einen Grund haben kann. Im Russischen dagegen: kto-to = irgendwer, chto-to = irgendwas, pochemu-to = irgendwarum. Z. B. Kto-to pochemu-to postavil takie strannye voprosy = Irgendwer stellte irgendwarum so seltsame Fragen.

Z. A. Gadka, Hagenow

Die Partikel „irgend-“ dient nur der Verstärkung der Unbestimmtheit, was noch deutlicher wird in Zusammensetzungen wie „irgendein“, „irgendwelche“, „irgendjemand“. Da man durch „warum“ aber gerade eine Ursache von etwas ganz genau bestimmen will, ist es nicht indefinit zu gebrauchen – weswegen „Warum-Fragen“ ja auch so nervig sind.

Uta Eckensberger, Saarbrücken

Warum sind Anfänger blutig? (29. 4. 00)

Weil sie sich den Hammer auf den Daumen, den Nagel ins Knie und die Axt in den Fuß schlagen. Blutig genug?

Hermann Zingraven, Münster (Westfalen)

Kaum fängst du an zu leben, bist du schon blutig. Deshalb.

Sibylle Stürmer, Köln

Das war bei der Kavallerie so üblich, dass der Anfänger sich auf dem Militärsattel einen blutigen „Wolf“ ritt.

Hartmut Knöpke, Hamm

Angesichts der nicht von ungefähr als weiblich gedachten menschlichen („Mutter“) Natur ist das schicksalhafte „erste Mal“ durch Blut gekennzeichnet. Durch diese Erfahrung „platzt der Knoten“, und in diesem Kontext ist es nicht ohne Hintersinn, dass sprachgeschichtlich das allgemein-germanische Wort „blóda“ erst wohl nur ein Bei- oder Hüllwort mit der Bedeutung „schwellen, platzen, fließen“ zu den älteren indogermanischen Wörtern für Blut (z. B. „aser“ oder „cruor“) gewesen ist, ehe es diese ersetzt hat.

Und da Erfahrung mensch völlig verändert, kann Blut auch da, wo es nicht direkt als „besonderer Saft“ fließt, metaphorisch in Zusammensetzungen wie „blutjung“, „blutiger Laie“, „blutiger Ernst“ eben auch die Bedeutung von „total, völlig, vollkommen“ annehmen.

Uta Eckensberger, Saarbrücken

Anfänger haben die Wahl: Entweder sie sind blutig, z. B. vom so genannten Schinkenklopfen, oder sie sind feucht hinter den Ohren und zusätzlich noch grün. Ich habe immer das Letztgenannte gewählt, da die erste Alternative mich zu sehr an meine Geburt erinnert. Immerhin wog ich dabei zwölf Pfund und war mit Blut bedeckt. Diese Erinnerung hat dazu geführt, dass ich bei der ersten Fahrprüfung durchfiel.

Peter Schleuning, Bremen

Gibt es nicht ein schöneres Wort für „Brustwarze“? (29. 4. 00)

Eigentlich nicht, aber mit dem anatomischen „Begriff Papilla Mammae“ klingt doch jede Schweinerei wissenschaftlicher.

Heide & Henner Stollberg, Coburg

Ja, gibt es: „Knospe“.

Christine M., Kassel

Ich kenne noch „Nippel“. Und meine Mutter sagt immer „Druckknöpfe“, da bin ich aber nicht ganz sicher, wie viel schöner das Wort ist.

Barbara Kirsch, Lüneburg

Doch: Titte-Mitte.

Susanne Puels, Wiesbaden

Wer hat den Elternsprechtag erfunden? (22. 4. 00)

Die Verfasser des Deutschen Handbuchs für Beamte. Die nämlich stehen als Autoren hinter der Vorschrift, dass Behörden nur wenige Stunden täglich geöffnet zu sein haben. Das führt zu langen Schlangen in den Korridoren vor den Türen und wandelt aggressive Regungen gegen den Gesprächsgewährer zunächst in eine resignative Grundstimmung und dann, wenn man endlich dran ist, in eine ehrerbietige Höflichkeit, damit man bloß nicht noch einmal hinbestellt wird. Das klappt allerdings nur, weil die Bürger das widerspruchslos mitmachen. Aufgewecktere Eltern vereinbaren deswegen grundsätzlich nur telefonisch individuelle Termine. Bei Lehrern darf man das aber nicht über die Nummer der Schule versuchen, das wäre sinnlos, weil die sich auch in den Pausen immer verleugnen lassen. Also muss man rechtzeitig über die Kinder die Privatnummern der Lehrer herauskriegen. Das schafft eine aufgelockertere Atmosphäre, übrigens auf beiden Seiten.

Thomas Stich, Lüneburg

Der so genannte Elternsprechtag geht zurück auf Dr. Ernst Elternsprech (geb. 1862, gest. 1926), dt. Gelehrter und Pädagoge. Elternsprech wurde u. a. bekannt durch seine wissenschaftliche Zusammenarbeit mit August Binomi, dem Erfinder der binomischen Formeln.

Laura Gerhardt, Hamburg

Beschleunigt ein Auto schneller, wenn man mit dem rechten durchgestreckten Arm das Lenkrad oben umklammert, während man links aus dem Fenster stiert? (22. 4. 00)

Scheinbar ja, weil a) der Aufprall überraschend kommt und b) der Ellbogen dabei nicht einknickt. Lukas Weiss, Basel

Ich denke, der von Ute Jost aufgeworfenen Frage steht eine differenzierte Antwort zu. Jene, die es gewohnt sind, auf derartige Fragen im Vertrauen auf die eigene Lebenserfahrung und den gesunden Menschenverstand unmittelbar zu antworten, werden sagen: Mal so, mal so. Und obwohl diese Antwort aufgrund ihrer knappen Schlichtheit und frappierenden Ambivalenz zunächst unverständlich erscheinen mag, wohnt ihr doch ein großes Stück Wahrheit inne. Sie verrät, dass der Antwortende sich der vielen Einflussgrößen, die ebenfalls ihren Einfluss auf die Beschleunigung geltend machen, zumindest „unterbewusst bewusst“ ist, während sie andererseits einen Hinweis auf die spontane Ablehnung der Anerkennung naturgesetzlicher Wirkweisen in Bezug auf menschliches Verhalten liefert.

Jene, die gewohnt sind, auf die Konfrontation mit einer Frage von diesem Kaliber zunächst mit einem Moment der Besinnung zu reagieren, werden solche Überlegungen in ihr Kalkül einbeziehen wie: Hat der durchgestreckte rechte Arm möglicherweise einen derartigen Einfluss auf den Muskeltonus und damit auf die Körperspannung in der rechten Körperhälfte, dass ein Durchpressen des Gaspedals dadurch befördert wird? Hat andererseits der nach links gewandte Kopf einen ähnlichen, aber relaxierenden Einfluss auf die linke Körperhälfte, wodurch ein rasches Kommenlassen der Kupplung erleichtert wird? Wie hoch jedoch ist der Einfluss von Umweltfaktoren zu veranschlagen, sprich: Wie stark sind die optischen Reize, die das besagte Stieren hervorrufen, und in welche Korrelation sind diese Reize zur Bereitschaft zu setzen, das Auto zu einer Phase hoher Beschleunigung zu animieren? Und grundsätzlicher: In welchem Verhältnis wirken Trägheit der Masse, PS-Zahl und Straßenbelag aufeinander? Und wie hoch ist der Einfluss philosophischer Erwägungen („Entdeckung der Langsamkeit“) auf das wagenlenkende Individuum?

All diese Überlegungen werden zu der Antwort führen: Nicht unbedingt. Aber auch nicht auszuschließen. Oder schlichter ausgedrückt: Mal so, mal so.

Cornelius Hüdepohl, Tecklenburg

Muss man auf dem Mond elektrische Geräte erden? (22. 4. 00)

Bereits in der zurückliegenden Ausgabe des taz-magazins wurde von Christoph Schmees aus Bremen festgestellt: Auf dem Mond muss man elektrische Geräte monden. Nun aber:

Dieser sprachliche Unfug kommt nicht zum Zuge, soweit die Umgangssprache im Weltraum Englisch ist: Da heißt der Fachausdruck „ground“ (Abk.: „grd“). Das gilt immer und überall, auch an Bord von Weltraumstationen. Ich wäre interessiert zu erfahren, wie die russische Sprache mit diesem schwerwiegenden Problem klarkommt.

Hajo Seidel, Frankfurt/Main

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