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Tausch dein Tier!

■ Was bislang nur für 16-Jährige als Schüleraustausch bekannt ist, findet jetzt Nachahmung im Tierreich. Bei den Tierhaltern vielmehr. Beschwerde ausgeschlossen

„Wir müssen leider draußen bleiben!“ Manche Menschen schließen alle ins Herz, die dieses Schild vor ihrer Kneipe, Wohnung oder ihrem Laden aufhängen und würden es am liebsten an die eigene Wohnungstür nageln. Wegen tierlieber Kinder oder PartnerInnen teilen einige von ihnen allerdings selbst seit Jahren mit räudigen Tölen oder fettleibigen Katern Tisch und Bett.

Da ist es wichtig, wenigstens im Urlaub Ruhe vor den Viechern zu haben. Also werden Urlaubsziele so gewählt, dass entweder in der Hotelanlage garantiert keine Haustiere gestattet sind, dass das Feriendomizil nur mit mindestens zwölf Flugstunden zu erreichen ist. Oder es werden Länder vorgeschlagen, die wie Großbritannien oder Skandinavien einen Impfungsaufwand verlangen, als würde sich ein zehnköpfiger Forschungstrupp in den südamerikanischen Dschungel begeben – um in fauligen Sümpfen Wasserproben zu nehmen.

Problematisch ist dann leider die Unterbringung der nervigen Biester zu Hause. Was tun? Sich den lang gehegten Traum vom Stop-and-go erfüllen und die gefräßigenMonster an der Autobahn-Raste aussetzen? Diese Strategie hat den Vorteil, das Problem ein für alle mal aus der Welt zu schaffen. Der Nachteil ist, dass ein ungünstiges Licht auf den eigenen Charakter fallen könnte, wenn das Alibi für den Tag des Verschwindens nicht wasserdicht ist. Auch von der zweiten Möglichkeit ist abzuraten. Aus dem Zwangsurlaub in einer Tier-Pension kommen die Viecher meist noch gestörter zurück, als sie es vorher ohnehin schon waren.

Tierhotels wie „Care-Royal“ im Schloss Unterriexingen zwischen Ludwigsburg und Stuttgart geben sich zwar alle Mühe, „die Gäste laufend mit Fellpflege, Spielen und Streicheln so abzulenken, dass kaum Heimweh und keine psychischen Probleme entstehen.“ Diese Luxus-Unterbringung verlangt allerdings bei einem durchschnittlichen Urlaubsetat eine folgenschwere Entscheidung: Wer bekommt das fußbodengeheizte, klimatisierte Ferienquartier meist mit beruhigender Musik in einem sauberen, sicheren und historischen Ambiente“? Mensch oder Tier?

Der Bremer Tierschutzverein weiß einen Ausweg aus dieser verzweifelten Situation. „Nimmst du mein Tier, nehm ich dein Tier“ ist der Codename für die Urlaubs-Aktion, bei der passende TierhalterInnen vom Tierschutzverein aneinander vermittelt werden. Die Vermittlung ist kostenlos und über die Details des Gasttieres und seine Eigenarten müssen sich die Parteien selbst verständigen.

„Der Verein nimmt allerdings weder Mensch noch Tier in die Kartei auf, wenn irgendetwas merkwürdig erscheint“, sagt Jan Gruber, Mitarbeiter in der Geschäftsstelle. Bei beidseitigem Gefallen werde dann ein „Pensionsvertrag“ unterschrieben. Darin wird „die Haftung für Schäden oder Verluste aller Art ausdrücklich ausgeschlossen“. Es sei aber noch nie ein Tier bei der Urlaubsvertretung des Dosenöffners auf zwei Beinen dahingeschieden, erklärt Gruber.

Erfahrungen mit Kernkraftwerken zeigen, dass so ein größter anzunehmender Unfall bedauernswert ist, aber hin und wieder vorkommt. Das Angenehme lässt sich daher auf ganz hervorragende Weise mit dem Nützlichen verbinden. Schließlich sind Besitzer von Kampfhunden auch bloß Menschen und fahren gerne mal ohne ihren vierbeinigen Begleiter in Urlaub. Eiken Bruhn

Interessenten für den Tiertausch melden sich beim Bremer Tierschutzverein, immer montags bis freitags in der Zeit zwischen 14 und 16 Uhr unter folgender Telefonnummer in Bremen: Tel.: 352 214.

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