stockholm-syndrom 2
: Glückliche Homos

Israels Gruppe „Ping Pong“ hatte Sonntagabend nur eine Furcht: Morgens nicht früh genug aus dem Bett zu kommen: „In Tel Aviv gehen wir nie vor dem Morgengrauen nach Hause“, sagt Guyguy, einer der beiden Jungs aus dem Quartett. Gestern hatten sie ihre erste Probe – und standen deshalb pünktlich auf der Bühne im „Globen“, dem Veranstaltungsort des „Grand Prix Eurovision“. „Wir Israelis jammern und jammern über die Umstände, aber wir haben Disziplin und wissen, was sich gehört“, erklärte der Delegationsleiter Ronen Ben Tal.

Seine TV-Station setzte mit der Wahl der Gruppe aus dem Underground Tel Avivs wieder voll auf Provokation: Zwei Männer und zwei Frauen, die sich während des Refrains ihres Liedes „Sa’me’akh“ gleichgeschlechtlich küssen. Dabei sind sie, räumte der zweite Sänger Ro’i Arad („Chiki“) ein, gar nicht schwul oder lesbisch, aber „schon die Vorstellung, dass wir es sind, hat die richtigen Leute in Israel auf die Palme gebracht“. Und ohnehin wäre es doch ganz passend, so der schmächtige Sänger, „sich als schwul zu geben, denn erstens ist es sowieso egal, was man ist – Hauptsache glücklich. Und zweitens ist der ‚Eurovision Song Contest‘ eine Sache, die Schwule glücklich macht. Und wir möchten sie glücklich machen.“

So weit ist es also schon gekommen mit dieser einst ehrwürdig-verstaubten Veranstaltung: dass deren Protagonisten offen mit dem Label des Homosexuellen spielen, um es sich auf das Lustigste mit den „richtigen Leuten zu verderben“. Und auf die Frage, welches Lied sie denn am ehesten den Sieg zutrauen, sagt Sängerin Yif’at Gil’asi: „Keine Ahnung, aber Stefan Raab ist so funky und lustig.“

Der Deutsche scheut derweil die Öffentlichkeit wie der Papst einen Darkroom. Heute beginnen für ihn die Proben, anschließend muss er sich den Fragen der Medien stellen. Nach wie vor behauptet er, nicht gewinnen zu wollen. Und niemand, der ihn kennt in Stockholm, will ihm das glauben. JaF