Filmstarts à la carte
: Sex und Crime und Schweden

■ Das Erzählen von allzu stringenten Plots war seine Sache nicht. So verwundert es nicht, dass Robert Siodmaks beste Filme in der Blütezeit des Film noir entstanden. Ein Stil, der es dem Regisseur ermöglichte, seine verworrenen (Kriminal-) Geschichten, deren zerrissene Helden sich in einer Welt tiefer Schatten nicht mehr zurechtfinden, in verschachtelten Rückblenden zu präsentieren. In „The Killers“ (1946) beruht nur der Anfang - eine beeindruckende Studie des Fatalismus - auf einer gradlinigen Kurzgeschichte von Ernest Hemingway: Regungslos liegt „Der Schwede“ (Burt Lancaster in seiner ersten Filmrolle) im Dunkeln auf seinem Bett und wartet darauf, von zwei Auftragsmördern erschossen zu werden, die einstweilen noch die Belegschaft eines schäbigen Restaurants terrorisieren. Doch nach dem Tod des „Schweden“ recherchiert ein Versicherungsdetektiv die Geschichte des Mordopfers und kann dank der nun einsetzenden Rückblenden die Bilanz eines verpfuschten Lebens voller Sex (Ava Gardner als Femme fatale) & Crime ziehen. Höhepunkt des Films ist die mehrminütige Sequenz eines Raubüberfalls, die Siodmak mit einer langen Kranfahrt in einer Einstellung gedreht hat.

„Rächer der Unterwelt“ (The Killers) 16.5. in der Urania

■ Am deutschen Karneval haben sich die Filmemacher bislang glücklicherweise eher selten vergriffen. Der farbenprächtige tropische Karneval von Rio de Janeiro gibt da zweifellos den besseren Filmstoff ab, denn erstens sehen die Leute in Brasilien besser aus, zweitens haben sie dort die bessere Musik, und drittens stehen die Menschen offenbar nicht unter dem Zwang, ständig dumme Kalauer erzählen zu müssen. Das alles muss sich auch Marcel Camus gedacht haben, als er 1959 für „Orfeu Negro“ den griechischen Mythos von Orpheus und Eurydike als Geschichte aus dem Karneval von Rio erzählte: Seine Euridice flüchtet sich vor einem mysteriösen Mann zu ihrer Cousine in ein Armenviertel von Rio, wo sie sich in den Straßenbahnfahrer Orfeu - einen begnadeten Musiker und Liebling aller Frauen - verliebt. Doch das gemeinsame Glück ist nur von kurzer Dauer, denn der seltsame Fremde, der Euridice bedroht, entpuppt sich als der Tod. Der Armut, dem tragischen Ende und den eifersüchtigen Kabbeleien diverser Frauen zum Trotz feiert „Orfeu Negro“ vor allem die Lebensfreude: Der hypnotische Rhythmus der Sambatrommeln und die Freude am Tanzen und Singen triumphieren spielend über die Unbilden des Lebens.

„Orfeu Negro“ 11.5.-17.5. im Alpha Spandau

■ Nachdem er mit „Blow Up einen kommerziellen Überraschungshit gelandet hatte, ließ MGM dem italienischen Regisseur Michelangelo Antonioni bei seinem nächsten Film freie Hand. In „Zabriskie Point“ (1970) warf der Europäer einen interessierten Blick auf die Realität und die Legenden Amerikas: In den Städten geht es um Vietnamkrieg, Polizistenwillkür und die schöne Scheinwelt der Leuchtreklamen und Werbefilme, und auf dem Land werden die Hauptfiguren, ein junges Pärchen, mit dem Ausverkauf amerikanischer Mythen konfrontiert. Da ist die Wüste von aalglatten Grundstücksmaklern bereits als exklusives Refugium an sehr gut Betuchte verscherbelt, Indianer kommen nur noch als Bedienstete vor, und ein legendärer Boxweltmeister zeigt sich als tattriger Alkoholiker. Am Ende dieses eher desillusionierenden Psychedelic-Trips steht die Zerstörung der Zivilisation - jedenfalls in der Fantasie des Mädchens: Mit mehreren Kameras in extremer Zeitlupe gefilmt, kann man sich an den zu Pink- Floyd-Klängen explodierenden Insignien urbaner Kultur wie Haus und Kühlschrank delektieren.

Zabriskie Point“ 11.5.-12.5., 14.5., 16.5. im Inselkino

Lars Penning