: Lebensqualität mit Papier
■ Sozialbehörde legt Broschüren für chronisch Kranke auf, Kulturbehörde streicht Ermäßigungen für Schwerbehinderte
Die Sozialbehörde hat ein Herz für chronisch Kranke und wollte wissen, wie die sich in unserer Stadt fühlen. Deshalb hat Sozial- und Gesundheitssenatorin Karin Roth bei der Abteilung für Medizinische Psychologie des Universitätskrankenhauses Eppendorf eine Studie in Auftrag gegeben. Herausgekommen ist: Trotz ihrer Krankheit sind die meisten der 700 befragten Betroffenen mit ihrem Leben zufrieden und fühlen sich auch ärztlich gut versorgt.
Allerdings sind die meisten der Interviewpartner im Diabetiker Bund, der Rheuma-Liga oder einer Schlaganfall-Selbsthilfegruppe organisiert und damit vermutlich eher aufgeklärte Patienten. „Deshalb muss man mit den Ergebnissen vorsichtig umgehen“, sagt Professor Monika Bullinger, deren Arbeitsgruppe die Studie durchgeführt hat.
Aber selbst diese Gruppe beklagt sich, über bestehende Beratungsangebote nicht ausreichend informiert zu sein und sich von öffentlichen Stellen häufig allein gelassen zu fühlen. „Das ist eine Herausforderung, die vorhandenen Bera-tungsangebote noch besser bekannt zu machen und mit Betroffenen neue Ideen zu entwickeln, um die Patienten noch besser zu unterstützen“, wünscht sich Roth.
Sie verweist auf das, was es schon gibt, beispielsweise Gesundheitslotsen in der Sozialbehörde, Patiententelefon der Ärztekammer, Patientenberatung der Verbraucherzentrale, Patienteninitiative, Pflegetelefon sowie die Kontakt- und Informationsstellen für Selbsthilfegruppen KISS.
Außerdem halte die Behörde eine Reihe von Ratgebern für chronisch kranke Menschen bereit, beispielsweise zu den Themen Krebs, Diabetes, Rheuma, Schlaganfall, HIV/AIDS, Schmerz und Allergien. Die Broschüren „Orientie-rungshilfe bei Krebserkrankungen“ und „Tipps für Menschen mit chronischen Schmerzen“ wurden aktualisiert und neu aufgelegt.
Während sich die Sozialbehörde um die Lebensqualität chronisch Kranker sorgt, ging an anderer Stelle genau davon ein Stück flöten: Die Kulturbehörde hat im vergangenen Herbst beschlossen, dass Schwerbehinderte – und das sind chronisch Kranke oft – in den Staatstheatern nur noch dann 50 Prozent Ermäßigung erhalten, wenn sie schwerstbehindert sind und mindestens 80 Prozent in ihrem Ausweis eingetragen haben. Vorher hatte jeder Schwerbehinderte gegen Nachweis dieses Stück Lebensqualität bekommen und erhält es beispielsweise in den privaten Kammerspielen auch immer noch.
Senatorin Roth findet es „völlig unlogisch“, beide Aspekte zu verknüpfen. san
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