: Tricky Dick wieder gesehen
Gegen alles, weil man alles schon kennt: Die unrasierten, übernächtigten und bösen Jungs der Hamburger Band Nixon Now mischen das Wild At Heart auf
„Tricky“ Dick Nixon habe immer „übernächtigt und unrasiert in die Kamera gegrinst“, bevor er 1968 zum Präsidenten gewählt wurde. Behauptet die Hamburger Band Nixon Now. Und obwohl man politisch nichts gemein habe mit dem durch Watergate so unsanft weggestolperten Nixon, sei ihrer Meinung nach in der Zeit seiner Präsidentschaft (1968 bis 1974) die beste Musik gemacht worden. Welche Rückschlüsse lässt das auf Nixon Now zu? Die Bandmitglieder sind unrasiert und übernächtigt, die Gitarren laut und psychedelisch. Nixon Now ist es egal, ob Gitarrenbands eigentlich aussterben sollten oder nicht.
Die Art-Work auf ihrem ersten Album „Solution Revolution“ ist feinste Comic-Kunst, die Musik fängt da an, wo Beat aufhört, wo sich Punk und 70er-Hard-Rock guten Morgen sagen und Namen wie Stooges und MC 5 fallen. Zu alt für Green Day, zu dreckig für die Bloodhound Gang.
Nixon Now sind vier Männer, die wirklich fast seit der Nixon-Ära Musik machen und in Bands wie Prollhead, den Alien Boys, Les Robespierres und der amüsanten Beatles-Parodie The Punkles gespielt haben. Auf ihrem Album covern sie „Do The Strand“ von Roxy Music, und „Addicted To Love“ von Robert Palmer, was ganz schön gefährlich ist. Aber das Besondere an Nixon Now ist, dass die Band es hinkriegt. Nicht nur die Coverversionen, auch ihre eigenen Stücke, in denen es natürlich um die Inhalte von 70er-Punk geht, um nichts tun, gegen alles sein, weil man nämlich alles schon kennt.
Darum haben sie sich das ausgesucht, was sie am meisten geprägt hat. Vier Akkorde, Bridge, Refrain, Gitarrensolo. Vielleicht liegt es an Hamburg, vielleicht an der Erfahrung der Bandmitglieder mit dem Business, vielleicht daran, dass die Songs einwandfrei gespielt sind: Nixon Now werden einfach nicht peinlich. Nicht wenn sie „Solution Revolution“ singen, nicht wenn sie live die „bad boys“ machen, MC 5 zitieren und sich cool und rockig geben.
Nixon Now kopieren nicht, sie huldigen. Gitarrenbands sterben halt nie aus. So wenig wie gemalte Bilder (trotz Multimedia-Installationen), so wenig wie gute Kriminalromane (trotz Pop-Literatur).
JENNI ZYLKA
Heute, 22 Uhr, Wild At Heart, Wiener Str. 20, Kreuzberg
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