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Gründen schwer gemacht

Berlin ist die Hauptstadt der Existenzgründer. Dennoch haben es die angehenden Unternehmer nicht leicht: Banken geben häufig kein Geld, und staatliche Förderprogramme sind eng begrenzt

von DÖRTE MIOSGA

Komm, wir gründen eine Firma! Nirgendwo ist das so verbreitet wie in Berlin: Bundesweit verzeichnet die Hauptstadt die höchste Zahl an Existenzgründungen. Von über 35.300 Gewerbeanmeldungen in der Stadt sind im vergangenen Jahr über die Hälfte Existenzgründer gewesen. Unzählige Gründer-Wettbewerbe, Lehrstühle für Existenzgründung, regionale Beratungen und Schulungen für Gründer zeugen von von einer regelrechten Gründerstimmung.

Dennoch ist Gründen oft schwerer, als es auf Messen wie den am Wochenende stattfindenden Existenzgründertagen den Anschein hat: Der smarte Internet-Gründer ist gefragt. Der traditionelle Mittelstandgründer hingegen steht immer häufiger ratlos in der Sparkassenfiliale, sein Kreditantrag wird abgelehnt. Wer heute Bäcker oder Einzelhändler werden will, hat große Probleme, einen Kredit zu bekommen.

In den letzten Wochen mehrten sich warnende Stimmen: Die Geschäftsbanken zögen sich aus der Kreditfinanzierung des Mittelstands zurück. In der Frühjahrsumfrage der Creditreform Wirtschafts- und Konjunkturforschung bei über 5.000 Mittelständlern gaben 30 Prozent der Befragten an, Probleme mit den Geschäftsbanken zu haben. Das Geschäft mit den kleinen Kunden werde immer uninteressanter für die Banken; Kleinkredite verursachten viel Arbeit, während wenig Gewinne zu verzeichnen seien, sagt ein Insider.

Die Zahlen der Deutschen Ausgleichsbank (DtA) und des Förderinstituts Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) belegen den Rückzug der Geschäftsbanken: Wurden 1999 noch 19 Prozent der Existenzgründungsmittel der DtA über Privatbanken vergeben, waren es 1996 noch 28 Prozent.

Die Geschäftsbanken bestreiten eine Vernachlässigung des Mittelstandes. Eine aktuelle Erhebung des Bankenverbandes geht sogar von einer Steigerung der Kreditvergabe von 1997 bis 1999 um knapp elf Prozent aus.

Die Erfahrung von Existenzgründungsberatern zeigt dagegen, dass Banken bei den Finanzverhandlungen kaum Risiken eingehen: „Diverse Branchen, wie Kneipen und Gastronomie im Allgemeinen, aber auch Sonnenstudios oder Taxiunternehmen haben derzeit kaum Chancen auf Förderung“, sagt Unternehmensberater Eberhard Mutscheller, der sich auf Gründer spezialisiert hat. Hinzu kämen häufig lange Bearbeitungszeiten bei den Banken, die die Realisierung erschweren.

Eine Einzelhändlerin, die Inhaberin eines Biokosmetikladens, habe ein halbes Jahr auf ihren Sparkassenkredit von 100.000 Mark gewartet, den sie letztendlich nicht bewilligt bekam, berichtet Mutscheller aus seiner Praxis. Zwei Unternehmer mit dem Vorhaben, eine Physiotherapiepraxis zu eröffnen, hätten im September letzten Jahres bei der Volksbank einen Kredit von 60.000 Mark beantragt. Dieser sei im März dieses Jahres zugesagt worden.

Rund 15 Branchen stehen auf der so genannten Negativliste. Dazu zählen unter anderem das Baugewerbe, der Einzelhandel, das Transport- und Lagergewerbe, Krankenhäuser, Glücksspielbetriebe etc. Im Internet-Förderfinder der Investitionsbank Berlin werden Interessierte ausdrücklich gefragt, ob sie sich denn in solchen Bereichen wirtschaftlich engagieren wollen. Zu schlecht seien die Erfahrungen in bestimmten Bereichen, bestätigt auch Gerald Fischer von der Deutschen Bank, Abteilung Geschäftskunden-Akquisition und öffentliche Förderprogramme. Jeder Gründer müsse auf seine fachliche sowie kaufmännische Qualifikation geprüft werden: „Kredit heißt Vertrauen, und Vertrauen muss von beiden Seiten hergestellt werden.“

Über die Hausbanken sind öffentliche Fördermitteln wie das DtA-Startgeld, das KfW-Mittelstandsprogramm oder das Existenzgründungsdarlehen nach dem Arbeitsmarktpolitischen Rahmenprogramm (ARP) zu beziehen. In Berlin wurden im ersten Quartal dieses Jahres 57 DtA-Startgelder zugesagt. Bei dem ARP-Darlehen für Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger ist die Mittellage aber alles andere als rosig. Die Fördermittel sind „aufgrund der hohen Nachfrage im ersten Quartal und aufgrund der Haushaltslage insgesamt bereits ausgeschöpft“, sagt Andreas Wörlein, Gruppenleiter der Abteilung Gründer- und Technologieförderung der Investitionsbank Berlin.

Wörlein beklagt, dass auf den Gründerveranstaltungen Broschüren über ein Programm ausgegeben werden, obwohl bis auf weiteres keine Anträge bearbeitet werden können. Zuständig für die Fördermittel nach dem ARP ist die Arbeitsverwaltung. Ob und wann zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden – dazu konnte die Verwaltung keine Stellungnahme abgeben.

Dabei macht es nach Ansicht des Landesarbeitsamtes (LAA) durchaus Sinn, Arbeitslose zu Existenzgründungen zu ermuntern. Im vergangenen Jahr haben die Arbeitsämter 5.700 angehende Unternehmer gefördert, seit 1990 waren es in der Region 55.000. Mit einem gewissen Erfolg: Nach einer LAA-Untersuchung waren drei Jahre nach der Gründung 70 Prozent der Geförderten weiterhin als Selbstständige tätig, nur 11 Prozent waren wieder arbeitslos gemeldet. Zudem hat jeder erfolgreiche Gründer rein rechnerisch einen Arbeitsplatz geschaffen.

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