Vergleichende Werbung hat Zukuft

EU-Richtlinie verlangt freieres Werben: Gesetzentwurf der Bundesregierung will Werberecht lockern

FREIBURG taz ■ „Wer Coca-Cola trinkt, bekommt Pickel“, sagt ein schönes Mädchen im Werbefernsehen und schüttelt sich vor Entsetzen, „deshalb trinke ich Pepsi Cola.“ Auch in Zukunft ist eine solche Schmähung des Konkurrenzprodukts nicht zulässig. Allerdings will die Bundesregierung jetzt die vergleichende Werbung grundsätzlich zulassen. Ein entsprechender Gesetzentwurf wird derzeit im Bundestag beraten.

Die Initiative von Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) wurde erforderlich, weil eine EU-Richtlinie die Lockerung der allzu restriktiven deutschen Werberegeln verlangt. Bisher war vergleichende Werbung in Deutschland mit wenigen Ausnahmen verboten. Wer sein eigenes Produkt bewarb, indem er auf die Mängel der Konkurrenz hinwies, konnte zivilrechtlich verklagt werden. Ziel dieser Regelung war es, den Wettbewerb um die Kunden möglichst sachlich zu halten. Die Unternehmen sollten mit den eigenen Vorzügen werben, statt auf den anderen Anbietern herumzuhacken.

Tatsächlich führte dies aber zu einer Flut von Prozessen. Schon so harmlose Aussagen wie „Lieber zu Sixt als zu teuer“ wurden gerichtlich verboten, weil damit die (nicht genannten) anderen Mietwagenhersteller pauschal als überteuert dargestellt würden. Die Optiker-Werbung „Lieber besser aussehen als viel bezahlen“ wurde dagegen nach langem Rechtsstreit vom Bundesgerichtshof akzeptiert. Das bessere Aussehen beziehe sich hier nicht auf ein Konkurrenzprodukt, sondern auf das bisherige Erscheinungsbild des Kunden.

Manche Kritiker sahen bei soviel Regulierung schon die „Meinungsfreiheit“ der Unternehmen bedroht. Diese müssten zumindest auf tatsächlich vorhandene Mängel eines Konkurrenzprodukts hinweisen dürfen. Auch den wirtschaftlichen Fortschritt sahen manche in Gefahr, wenn das mittelmäßige Produkt vor der Kritik des besseren Anbieters geschützt werde. Dieses Argument traf allerdings nicht ganz, denn die Wirkweise von konkurrierenden Werkstoffen oder Techniken durfte auch bisher verglichen werden – wenn dabei ein „korrektes Gesamtbild“ geboten und die Konkurrenz nicht namentlich genannt wurde.

Dass bei solchen Vergleichen künftig auch der Name eines Mitbewerbers fallen darf, ist der größte Unterschied zur alten Rechtslage. Wie ein solcher Vergleich nun konkret aussehen wird, zeigten bereits im letzten Herbst die beiden Internet-Provider T-Online und AOL. In ganzseitigen Zeitungsannoncen führten sie dem Leser per Checkliste vor Augen, welche Merkmale sie dem jeweils anderen Anbieter voraus haben.

Gefährlich war dies für die beiden Unternehmen nicht mehr, denn der Bundesgerichtshof hatte schon 1998 seine bisher strenge Rechtsprechung zur vergleichenden Werbung geändert. Was bald in ganz Europa gilt, könne in Deutschland nicht mehr „sittenwidrig“ sein, hieß es zur Begründung.

Die Werbewirtschaft freut sich jedenfalls über die Harmonisierung. Sie kann jetzt häufiger europaweit anwendbare Werbekampagnen planen und muss sich nicht für Deutschland separat den Kopf zerbrechen. Aber auch bei der Politik findet die Neuregelung Akzeptanz, vor allem weil sie alles andere als uferlos ist. So bleibt es nach wie vor verboten, dass unsachliche oder pauschale Kritik an der Konkurrenz geübt wird. Die Abgrenzungsfragen werden aber auch hier nicht einfach sein und den Gerichten wird mit der Reform wohl kaum die Arbeit ausgehen.

CHRISTIAN RATH