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„Dann hat die Politik eben das Problem“

Für die Reform des ARD-Zwergs Radio Bremen würde Intendant Heinz Glässgen sogar den Anstreicher machen

Den Rundfunkrat von Radio Bremen hat Intendant Heinz Glässgen offenbar fest auf seiner Seite. Das Gremium nickte jetzt seine Vorschläge für die Besetzung von zwei bisher vakanten Direktorenstellen ab: Ab September soll Claudia Schreiner vom Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) beim krisengeschüttelten ARD-Sender für Radio und Fernsehen verantwortlich sein. Schon im Juli kommt ein neuer Verwaltungsdirektor. Im Gespräch verriet der Intendant, wie er die beiden Neuen zu ihrem Job überredet hat.

taz: Hat es Ihre ganzen Überredungskünste gekostet, die beiden neuen Direktoren für Radio Bremen zu begeistern?

Heinz Glässgen: Wir hatten Vorgespräche, und dabei habe ich beide davon überzeugen können, dass Radio Bremen lebensfähig ist und eine Chance hat. Die Besetzung der Direktorenposten zum jetzigen Zeitpunkt ist ein wichtiges Signal nach außen: Es kommen Menschen nach Bremen und dokumentieren damit, dass der Sender eine Zukunft hat. Und es ist zugleich ein Signal nach innen: Indem Frau Schreiner die Verantwortung für die beiden Programmbereiche Radio und Fernsehen übernimmt, zeigen wir, dass wir oben anfangen mit dem Sparen.

Sie haben angekündigt, Radio Bremen „neu erfinden“ zu müssen. Wie geht das mit so einem Apparat?

Zunächst müssen wir die Kürzungen des Finanzausgleichs umsetzen. Für Radio Bremen sind das rund 50 Millionen Mark weniger. Wenn wir diesen Rückgang zu Grunde legen und die bisherigen Fixkosten hochrechnen, dann fehlen uns genau diese 50 Millionen Mark für Programm, also für Honorare, Beiträge und so weiter. Je mehr Fixkosten wir sparen, desto größer ist der Spielraum für das Programm.

Wie viel von diesen 50 Millionen Mark haben Sie denn schon zusammengekratzt?

Bis jetzt sind es fast 20 Millionen Mark. Wir haben ja erst vor wenigen Monaten angefangen. Aber durch Eigenanstrengungen haben wir die Kosten bis jetzt um 9 Millionen Mark gesenkt. Hinzu kommt eine Entlastung von den ARD-Gemeinschaftsaufgaben in Höhe von 10,6 Millionen Mark.

Radio Bremen hatte früher einen sehr guten Ruf innerhalb der ARD. Heute ist davon nicht mehr viel zu hören. Wie erklären Sie sich diesen Bedeutungsverlust und wie wollen Sie diesen Laden wieder auf Innovationen trimmen?

Radio Bremen hatte den Vorteil der Kleinheit. Die kleineren Anstalten konnten viel flexibler und schneller reagieren. Doch das hat sich geändert. Auch die größeren Sender haben ihre Strukturen neu organisiert und kleinere Einheiten geschaffen. Und Künstler wie Hape Kerkeling oder Loriot, die alle mal bei Radio Bremen angefangen haben, konnte der Sender finanziell irgendwann nicht mehr halten. Trotzdem müssen wir wieder innovativer werden. Die Zusammenlegung von Radio und Fernsehen in der Verantwortung einer Direktorin ist ein erster und wichtiger Schritt.

Sie haben die Gründung eines Medien-Kompetenzzentrums angekündigt. Was soll das nun wieder?

Das Medien-Kompetenzzentrum ist eine alte Idee aus der Politik. Da habe ich gesagt: Wir sind das Medien-Kompetenzzentrum. Ich will eine Tochtergesellschaft gründen, die sich am Markt behauptet und Produktionsleistungen anbietet. Wir müssen jetzt so schnell wie möglich damit anfangen. Ich werde sofort Sachverstand und Räume zur Verfügung stellen und sie sogar selbst in der gewünschten Farbe streichen, wenn es nötig ist.

Manche Politiker sagen aber: Mit Radio Bremen ist doch jetzt alles in Ordnung. Werden Sie wirklich unterstützt?

Wenn die Politiker damit meinen, dass wir mit dem Umbau des Senders begonnen haben, dann haben sie Recht. Andererseits müssen sie uns unterstützen. Denn wenn wir scheitern, hat die Politik eben das Problem und muss es lösen.INTERVIEW: CHRISTOPH KÖSTER

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