piwik no script img

„Jeder hat eine zweite Chance verdient“

■ CDU-Fraktion stoppt Innensenator Schulte und zeigt ihm die „Gelbe Karte“, weil er zu wenig Profil zeigt und Absprachen mit der Fraktion nicht einhält / Interview mit Fraktionschef Eckhoff

Auf einer Krisensitzung hat der CDU-Fraktionsvorsitzende Jens Eckhoff Innensenator Bernt Schulte die „Gelbe Karte“ gezeigt. Das Wie und Warum dieses Eingreifens erläutert Eckhoff im taz-Interview.

taz : Welche Bedeutung hat die gelbe Karte?

Jens Eckhoff: Die gelbe Karte hat als Konsequenz, dass man in Zukunft aufpassen muss, dass man nicht weiter Foul spielt. Sonst folgt die rote Karte.

Und das heißt?

Das bedeutet dann beim Fußball, dass man des Platzes verwiesen wird, also nicht weiter mitspielen darf.

Und wie ist das in der Politik?

In der Politik ist das ähnlich. Wenn man von einer Fraktion eine Gelbe Karte bekommt, muss man überlegen, was man in Zukunft anders und besser machen kann.

Hat Innensenator Schulte von Ihnen die Gelbe Karte gesehen?

Wir hatten eine längere Sitzung, bei der es eine deutliche Aussprache gab. Und dabei ist die Unzufriedenheit vieler Mitglieder der Fraktion zum Ausdruck gekommen, was die Frage der Zusammenarbeit betrifft. Man muss immer gucken, dass die Fraktion und die Partei, die einen in das Amt geschickt haben, eine Heimat sind. Und mit dieser Heimat muss man sich entsprechend rückkoppeln. Das war ein Großteil der Probleme, die die Kolleginnen und Kollegen hatten, dass diese Rückkopplung nicht so passiert ist, wie man sich das in einer vernünftigen Zusammenarbeit vorstellt.

Ein Kritikpunkt war Schultes Auswahl seines neuen Staatsrates. Dabei holt er doch mit Herrn Böse einen ausgesprochen skandalerprobten Mann nach Bremen. Haben Sie etwas dagegen?

Noch hat er ihn nicht geholt. Er wird das den Gremien vorschlagen, und Fraktion und Landesvorstand werden dann darüber zu entscheiden haben. Was die Kollegen aufgeregt hat, war gar nicht der Personalvorschlag Böse. Das ist durchaus ein vernünftiger und konstruktiver Vorschlag. Aber es geht darum, wie das bekannt gemacht wird. Es kann nicht sein, dass die Mitglieder einer Landtagsfraktion von dem Vorschlag aus der Zeitung erfahren und diese Meldung auch noch als Pressemitteilung des Innensenators lanciert wurde. Das muss schon den geordneten Gang gehen: erst in die Gremien, dann an die Öffentlichkeit.

Herr Böse sollte lieber noch keine Wohnung in Bremen suchen?

Es wäre ungerecht, Herrn Böse für das schlechte Handling verantwortlich zu machen. Der kann nun wirklich nichts dafür. Er war nur das Objekt. Aber wir hatten vor einigen Jahren ja schon das Erlebnis Lutter (Schultes ehemalige Baustaatsrätin, d. Red.) mit dem gleichen Senator. Da wollten wir jetzt eigentlich andere Wege beschreiten. Und das ist nicht passiert. Deshalb die Verärgerung.

Einen Mietvertrag sollte Böse lieber nicht unterschreiben?

Wohnung suchen kann er, aber den Mietvertrag sollte er nochmal ein paar Tage liegenlassen.

Nach der Bremer Landesverfassung bestimmt über die Berufung eines Staatsrats nicht die CDU-Fraktion oder der CDU-Landesvorstand, sondern der Senat ...

Da haben Sie Recht. Aber das eine ist das, was de jure in der Verfassung steht. Und das andere ist, wie man de facto innerhalb einer Partei Verabredungen getroffen hat. Und wenn man Verabredungen getroffen hat, dann muss man sich auch dran halten.

Welche Fouls hat Senator Schulte noch begangen?

Ein zweites großes Thema war das ganze Hin und Her um die Theaterfinanzierung.

Dabei hat Bremen doch einen begnadeten Theaterintendanten.

Wir haben einen Intendanten, der für das Theater eine ganze Menge gebracht hat. Ich kann Herrn Pierwoß auch nicht vorwerfen, wenn er für sich geschickt verhandelt. Das findet durchaus meine Anerkennung. Auch das war nicht Gegenstand der Debatte. Aber wenn es Absprachen gibt zwischen Senator und Theaterintendant, die eine Haushaltsrelevanz haben, dann hat die Stelle, die für die Haushaltsgesetzgebung verantwortlich ist, von diesen Absprachen auch irgendwann einmal zu erfahren. Und zwar direkt und nicht indirekt über Bande.

Wird Senator Schulte das Ende der Spielzeit erleben?

(zögert) Ich finde, jeder hat eine zweite Chance verdient. Und wenn er das hält, was er in der Fraktion zugesagt hat, bin ich mir sicher, dass er das Ende der Spielzeit erleben wird.

Können Sie sich auch einen Senator Eckhoff vorstellen?

Ich finde meinen Job sehr interessant. Da zieht mich im Moment wirklich gar nichts auf ein Senatorenamt. Es macht mir viel mehr Spaß, als Fraktionsvorsitzender im Mittelfeld zu spielen und die Bälle zu verteilen.

Oder haben Sie in der Bremer CDU außer Schulte einfach niemanden, der als Innensenator geeignet wäre?

Es gibt viele, die geeignet wären.

Viele?

Ich meine, wir haben eine ganze Reihe von qualifizierten Kollegen, auch gerade jüngere. Aber Sie werden keine Namen von mir hören.

Fragen: Dirk Asendorpf

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen