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Beim Zivi-Cup wurde ich Torsieger

betr.: Bewerbung für den Posten als Trainer der deutschen Nationalmannschaft

Sehr geehrter Herr Braun, sehr geehrter Herr M-V,

da mir das Schicksal der deutschen Nationalmannschaft sehr am Herzen liegt und ich aus Presse, Funk und Fernsehen über die Problematik bei der Suche nach einem neuen Übungsleiter informiert bin, möchte ich Ihnen meine Hilfe anbieten und bewerbe mich hiermit um den Posten als Nationaltrainer.

Referenzen:

Seit fünfzehn Jahren bin ich Spielertrainer der Freizeitsportler des TV Germania St. Ilgen. Diese Mannschaft habe ich im vergangenen Jahr beim Kleinfeldturnier der Ortsmeisterschaften in St.Ilgen bis zum Spiel um den dritten Platz geführt, wo wir uns erst im Siebenmeterschießen geschlagen geben mussten.

Als Spieler und Trainer stehe ich für bedingungslosen Offensivfußball. Das habe ich nicht zuletzt beim 1999er Zivi-Cup des Diakonischen Werks Baden-Württemberg bewiesen, bei dem ich Torschützenkönig meines Teams wurde.

Auch mit Länderspielen habe ich bereits Erfahrung, denn ich habe 1993 das Länderspiel Malta – Schweiz bei irgendeinem Qualifikationsturnier live gesehen.

Bundesligaerfahrung habe ich mir in den letzten Jahren bei den Begegnungen Stuttgart – Freiburg und Kaiserslautern – Freiburg erworben. Außerdem habe ich in den Siebzigerjahren einmal den SV Sandhausen gegen Braunschweig (damals noch erste Liga) im Pokal gesehen.

Abgesehen von diesem fußballerischen Erfahrungsschatz verfüge ich durch mein Studium der Erziehungswissenschaft, Psychologie und Soziologie sowie durch über zehn Jahre Arbeit in der Erwachsenenbildung über eine gute Hand im Umgang mit Menschen.

Ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, glaube ich kaum, dass Sie einen Mann mit ähnlicher Erfahrung für die ausgeschriebene Stelle bekommen können. Das beweisen schon die Absagen der vergangenen Tage.

Darüber hinaus möchte ich noch anfügen, dass ich als Mitglied der Grünen über gute Beziehungen zur Bundesregierung verfüge. Insbesondere die Verbindung zum Außenministerium könnte für künftige Länderspiele von großem Nutzen sein. So könnte Joschka Fischer durch bilaterale Verträge sicherstellen, dass in der Zukunft nicht nur Liechtenstein mit Amateurmannschaften gegen uns antritt, sondern auch Nationen wie Portugal, sodass sich die Niederlagen in Grenzen halten lassen.

Beteiligungen an internationalen Turnieren kann allerdings auch ich für die nächsten zwanzig Jahre nicht versprechen.

Da der DFB in Zukunft viel Geld in die Nachwuchsförderung und die Imagepflege stecken muss, werde ich mich mit Gehaltsforderungen zurückhalten. BAT II a scheint mir angemessen, allerdings mit einer „Schmerzensgeldklausel“.

Diese sollte beinhalten, dass mir als Trainer 500.000 Mark zustehen, wenn das Spiel der Nationalmannschaft ein bestimmtes Niveau unterschreitet. Die Niveaumessung sollte von einem unabhängigen Gremium (zum Beispiel die Wahrheit-Redaktion der taz) durchgeführt und in „PS“ (Portugal Spiel) gemessen werden. Ab einer Qualität über œ PS (= halb so schlecht wie gegen Portugal) sollte das Schmerzensgeld fällig werden.

Dafür gebe ich dann auch eine Pressekonferenz, bei der ich mindestens einen Spieler der Öffentlichkeit als Sündenbock opfere.

Ich hoffe, Sie sind mit den genannten Bedingungen einverstanden und erwarte Ihre positive Antwort mit Freuden.

Mit freundlichen Grüßen, RALF FRÜHWIRT, Leimen

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