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NDR setzt RB unter Spar-Druck

■ Auf den Frequenzen von Radio Bremen 2 soll es nach den Vorstellungen des NDR einen kulturellen Heimatfunk geben / Streng vertrauliche Verhandlungen über neue Programmreform

Um die zehn Mark jeden Monat zahlt der Besitzer eines Radio-Gerätes für den öffentlich-rechtlichen Hörfunk. Hinter streng verschlossenen Türen wird derzeit bei Radio Bremen mit dem NDR darüber verhandelt, was dafür ab 2001 aus dem Bremer Funkhaus angeboten werden soll. Denn nachdem die anderen ARD-Anstalten ihren Finanzausgleich drastisch reduziert haben und klar ist, dass in wenigen Jahren ein Viertel seines 186-Millionen-Etats weg ist, spukt in den Köpfen bei Radio Bremen der Rotstift.

Das erfolgreiche „junge“ Programm von Radio Bremen 4 wird bleiben, das ist aber auch das einzige, was bleibt. Die Hansawelle, einst „Leitwelle“ des Senders, soll ihre Musikfarbe wieder ändern. Bei der aktuellen Media-Umfrage, über die alljährlich die Einschaltquoten auch der Hörfunk-Programme ermittelt werden, rechnet Radio Bremen mit weiteren Minus-Punkten für die Hansawelle. Seit drei Jahren wird in der Musik-Farbe die „Verjüngung“ betrieben, aber die jüngeren Hörer kommen nicht in dem Maße, wie die alten verschreckt werden. Nun heißt es: Kommando zurück, deutsche Schlager sollen wieder aufs Programm.

Das muss auch sein, denn das dritte Programm, auf dem früher eine Klassik-Welle versucht wurde und derzeit ein „Melodie“-Programm mit den deutschen Titeln läuft, fällt weg. Ein teils auch vom SFB, teils vom WDR gemachtes Programm unter dem Namen „Funkhaus Europa“ soll auf den Frequenzen von RB 3 gesendet werden, ein „multikulturelles“ Programm mit fremdsprachigen Sendestrecken für spezielle Zielgruppen, das derzeit in Bremen nur über Kabel zu hören ist.

Wegfallen soll auch das bisherige Kulturprogramm „Radio Bremen 2“. Es ist das teuerste der Radio Bremen-Programme und für manchen im Sender auch die Rechtfertigung der Rundfunk-Gebühren. Mit diesem Programm wurde gleichzeitig das bremische Kulturleben direkt gesponsert: Eine Millionen Mark im Jahr werden für Aufzeichnungen von Musik und auch Wort-Produktionen des Bremer Kulturlebens ausgegeben. Für Kultur-Veranstalter ist die „Radio-Bremen-Aufzeichnung“ nicht nur ein Werbe-Mittel, sondern auch ein sicherer Teil der Finanzierung einer Veranstaltung.

Wie weit dies in Zukunft noch möglich sein wird, steht derzeit in den Sternen.

Denn mit der Hälfte des Geldes und der Hälfte des Personals soll dieselbe Anzahl von Stunden produziert werden. Bei der ersten Verhandlungsrunde im Juni legt der NDR ein Konzept auf den Tisch, das er 1998 schon einmal mit Radio Bremen verhandelt hatte. Eigenwillige Elemente soll es im Programm nicht mehr geben, die „Nordwest-Region“ soll sich wiederfinden. Das bedeutet zuallererst: Für die Musikfarbe soll als Kriterium gelten: „Bitte nicht stören“ Jazz stört, zum Beispiel. Lange Interviews stören. Mehr als drei Minuten, das ist die Devise, hört niemand zu, egal worum es geht. Sendeplatz für Mitschnitte von Konzerten ist in dem Magazin-Programm eigentlich nicht mehr, Geld eigentlich auch nicht.

Der NDR hat in den Verhandlungen dabei eine starke Stellung. Er hat nicht nur ein in sich schlüssiges Konzept auf den Tisch gelegt, die Radio-Bremen-Verhandler hatten dagegen bisher nichts vorzuweisen und sind dabei, sich unter großem Zeitdruck darüber zu verständigen, was sie denn retten wollen und was freiwillig geopfert werden kann.

Der NDR will mit sechs Millionen Mark die Hälfte des Etat des neuen Senders beisteuern. Dieses Geld gibt es aber nur, wenn das Ergebnis der Verhandlungen dem NDR gefällt. Oberstes Kriterium: Die Radio-Bremen-Wellen sollen den NDR-Programmen möglichst wenig Konkurrenz machen. Das anspruchsvolle Informations-Programm heißt NDR 4, daneben kann es auf der neuen Nord-West-Welle also etwas unterhaltsamer zugehen. Hinter vorgehaltener Hand wird das zweite Kriterium der NDR-Verhandler auf den Fluren von Radio Bremen so beschrieben: Nicht nur preiswert muss das neue Programm sein, auch ohne Ecken und Kanten im Profil, ein „kultureller Heimatfunk“ nach dem Stil von Radio Niedersachsen. „Radio Bremen muss in Teilen neu erfunden werden“, hat der neue Intendant Heinz Glässgen angedroht.

K.W.

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