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Die Tankkunst des Zauberers

Das Weltenergieproblem ist gelöst! Ein Magier reduziert den Benzinverbrauch per Foto

„Mein Name ist Beyer. Ralf Beyer. Ich bin Magier und kann Autos so unter Magie setzen, dass sie danach nur noch halb so viel Sprit verbrauchen wie vorher.“ Wir sind wie erstarrt. Einen Magier wollten wir immer schon mal kennenlernen, und ein großes Auto haben wir auch. Also nichts wie ab nach Spandau, wo Herr Beyer seinem ungewöhnlichen Tagwerk nachgeht.

Herr Beyer empfängt uns so herzlich, dass alles Misstrauen im Nu verfliegt. Trotzdem möchten wir – bevor es losgeht – gern wissen, was er denn mit unserem geliebten Auto zu tun gedenkt. Er erklärt uns, dass wir zunächst den bisherigen Spritverbrauch messen müssen. Danach wird er ein Polaroidfoto des Wagens machen, es zusammen mit der handschriftlichen Bitte: „Bitte lass dieses Auto möglichst wenig Sprit verbrauchen“ in einen Jesusgenerator legen und eine Viertelstunde ziehen lassen. Anschließend werden wir den Spritverbrauch abermals messen, und er wird nur noch die Hälfte betragen.

Das Foto muss nur im ...

Bisher habe der Zauber fast jedesmal geklappt, sogar im Fernsehen war er schon, nur mit Zeitungen habe er bisher stets Pech gehabt: „Ich konnte mir die Ursache selbst lange nicht erklären, aber dann bin ich doch dahinter gekommen: Ein Schwarzmagier aus Österreich hat meinen Jesusgenerator mit schwarzer Magie belegt, so dass der Zauber sozusagen nach hinten losging.“ Unsere anfängliche Sprachlosigkeit weicht einer aufrichtigen Empörung. „Warum hat er das denn getan?“, wollen wir wissen. Herr Beyer zuckt mit den Schultern: „Da kann ich nur spekulieren. Vielleicht war er neidisch oder wollte sich einen Spaß erlauben. Er ist schließlich Schwarzmagier, da weiß man nie.“ Die charmante Frau Beyer bestätigt den feigen österreichischen Anschlag und befragt ein Pendel nach unserer Ehrlichkeit: es reagiert positiv. Außerdem ist der Jesusgenerator mittlerweile mit Weihwasser gereinigt. Also kann es losgehen.

An einer Tankstelle wird unser Wagen von Herrn Beyer voll getankt. Er rüttelt und schüttelt ihn mit quasi übermenschlicher Kraft, damit selbst die letzten Luftblasen im Tank nach oben steigen. Wir fahren exakt 26,2 Kilometer durch zauberhafte Landschaften und tanken dann wieder auf. Herr Beyer ist entgeistert: „Was? Nur 1,1 Liter verbraucht? Bei 26 Kilometer? Der Wagen steht doch noch gar nicht unter Magie! Wahrscheinlich haben Sie positive Energie aus meiner Wohnung mitgenommen.“ Wir sind selbst wie verwirrt, denn unser Auto verbraucht sonst tatsächlich fast das Doppelte. Auch der Tankwart ist beeindruckt, als er unsere 1,99 Mark in Empfang nimmt: „Leisten wir uns mal, das Auto richtig voll zu tanken, wa?“

... Jesusgenerator ziehen

Herr Beyer macht jetzt das ausschlaggebende Foto von unserem Auto, und wir begeben uns in seine Wohnung. Unseren verzauberten Wagen lassen wir an der Tankstelle stehen. Zu Hause legt Herr Beyer das Foto in den Jesusgenerator, eine silbern glänzende Schatulle, in der es 15 Minuten ziehen muss. „1,1 Liter auf 26 Kilometer . . . Da werde ich ein Problem kriegen“, sagt Herr Beyer offen. Wir bestätigen ihm abermals, dass unser Auto normalerweise das Doppelte verbraucht. Sollte unser Experiment klappen, müsste es nur noch sagenhafte 0,5 Liter auf 26 Kilometer schlucken. Wir fragen Herrn Beyer vorsichtig: „Sind Sie wirklich sicher, dass dieser österreichische Schwarzmagier ausgeschaltet ist?“ Herr Beyer ist sich sicher: „Wenn das jetzt wieder schiefgeht, habe ich einfach Pech mit Zeitungen.“ Den weiteren Verlauf des Experiments möchten wir nur kurz umreißen: Wir fahren exakt dieselbe Strecke, und unser verzaubertes Auto schluckt – genau das Doppelte!!! Exakt zwei Liter!!! Das ist ein bemerkenswertes Ergebnis: Solche unglaublichen Tankkapriolen hat unser Auto noch nie gemacht.

CORINNA STEGEMANN HENNING BECKMANN

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