ex und pop (9): teamsteinschnörkel
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von DIETRICH ZUR NEDDEN

Willkommen zum Nationentag Kuba, der heute um 11 Uhr 15 mit der offiziellen Zeremonie auf der Plaza-Bühne beginnt: „Nationalhymne und Hissen der Flagge von Kuba, Nationalhymne und Hissen der Flagge der Bundesrepublik Deutschland“. Zehn Minuten später folgen Grußworte des Generalkommissariats der Expo 2000, anschließend Grußworte des Vertreters der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, dann Grußworte des Delegationsleiters von Kuba und der Beginn des Kulturprogramms auf der Bühne der Expo-Plaza.

Ähnlich bunt und abwechslungsreich gestaltete sich am Montag der Empfang des Teams Telekom auf dem Gelände. Der von Minute zu Minute seine Talentlosigkeit beweisende Moderator Cherno Jobatey stolperte zusammen mit Ron Sommer, Gerhard Schröder und Udo Lindenberg durchs Danksagungsvorprogramm, bis die Radfahrer samt Frauen und Kindern die Bühne enterten, um das Danksagungsvollprogramm über sich ergehen zu lassen. Die gigantische, anfangs proppevolle Freitreppe gegenüber von Bühne und Videowand war nach ein paar Minuten nur noch dünn besetzt, was die Lokalpresse nicht daran hinderte, am nächsten Tag von einer „ungezwungenen Jubelfeier“ zu berichten. Aber vielleicht waren wir auch auf verschiedenen Veranstaltungen.

Ohnehin sind Miesmacher, Nörgler und Querulanten weniger denn je gern gesehen: „Die Expo ist die beste Großveranstaltung in der Geschichte der Bundesrepublik. Sie wird von zu vielen Politikern, Medien und Hannover-Neidern täglich durch den Kakao gezogen.“

Es läuft alles entsprechend prima und einwandfrei hier in der Landeshauptstadt. Dieser Eindruck wird unterstützt von jener Warnung auf den aktuellen Webseiten der Expo GmbH: „Aus Sicherheitsgründen darf eine bestimmte Besucherzahl pro Tag nicht überschritten werden. Aus diesem Grunde kann nicht immer garantiert werden, dass noch Karten für den selben Tag verfügbar sind. Nur über den Vorverkauf garantieren Sie sich den Zutritt zur Weltausstellung.“

Tatsächlich ausverkauft war am Wochenende der Höhepunkt der Hochkultur, die Premiere des steinernen, ungekürzten, rund 21 Stunden dauernden Faust. Dank des Ticket-Sharing-Angebots eines Kollegen sah ich die beiden letzten Akte des zweiten Teils. Nun ja. Friedrich Theodor Vischer hat einen dritten Teil zum Faust geschrieben, „gedichtet von Deutobold Symbolizetti Allegoriowitsch Mystifizinsky“, und ähnlich wie Deutobold ging es mir auch: „Faust II ist im Ganzen eine Reihe lederner, abstruser Allegorien und verläuft nicht nur durch sie, sondern namentlich auch durch seine senilen Sprachschnörkel auf Schritt und Tritt ins Absurde. Ach, da ist ja alles nicht frisch, nicht jugendlich keck, sondern schnörkelhaftest, sonderbarlichst, greisenhaftest.“

Solch ein Gemäkel ist ungerechtest angesichts der monströsen Ensembleleistung. Aber mit dem Kritteln und Spötteln hat es ohnehin bald ein Ende: Neulich wurde in Hannover ein offenbar weltweit sehr bedeutendes Zentrum für Gehirnchirurgie eröffnet.