: Kritik von Djukanovic
Bei seinem Berlin-Besuch kritisiert Montenegros Präsident scharf die Wahlrechtsänderung in Jugoslawien. Fischer lobt Westkurs Podgoricas
BERLIN afp/ap ■ Der Präsident von Montenegro, Milo Djukanović, hat die neuen jugoslawischen Wahlgesetze scharf verurteilt. Einen Tag nach der umstrittenen Belgrader Wahlrechtsänderung traf Djukanović gestern in Berlin ein. Nach einem Treffen mit Außenminister Joschka Fischer bezeichnete er die Neuregelung als „illegal und gewaltsam“. Sie diene ausschließlich dazu, den jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević an der Macht zu halten. Der Preis dafür sei die Gefährdung der Integrität Montenegros und des staatlichen Bestandes von Jugoslawien.
Die neuen Belgrader Wahlgesetze, die das jugoslawische Parlament am Montag verabschiedet hatte, sehen vor, dass der Präsident künftig mit einfacher Mehrheit vom Volk gewählt wird, unabhängig von der Wahlbeteiligung. Bisher wurde der Präsident von den Abgeordneten bestimmt. Damit hat Milošević, dessen reguläre Amtszeit im kommenden Jahr endet, die Möglichkeit zur erneuten Kandidatur.
Nach der neuen Regelung werden die 40 Abgeordneten des jugoslawischen Oberhauses künftig ebenfalls von der Bevölkerung direkt gewählt. Bisher entsandten Serbien und Montenegro jeweils 20 Vertreter in den Rat der Republik. Da Montenegro nur 600.000 Einwohner hat – gegenüber 10 Millionen in Serbien –, haben montenegrinische Kandidaten künftig kaum noch eine Chance, gewählt zu werden.
Djukanović versicherte nach dem Gespräch mit Fischer, Montenegro werde weiterhin allen Provokationen Belgrads ausweichen, um keinen Kriegsgrund zu liefern. Sein Land bleibe auf Westkurs und werde keine Kompromisse eingehen, die seine Integration in westliche Strukturen behindern könnten. Er traf anschließend zu einer Unterredung mit Bundeskanzler Gerhard Schröder zusammen. Über das Treffen wurden keine weiteren Angaben gemacht. Danach reiste er zu Gesprächen nach Paris weiter.
Das Treffen mit Fischer dauerte erheblich länger als ursprünglich geplant. Die Begegnung unter vier Augen war die vierte seit Beginn der Kosovo-Krise. Fischer lobte Djukanović für „dessen beeindruckende Haltung“ auf dem Weg zur Demokratie und sagte, Montenegro sei Teil der Opposition gegen Slobodan Milošević, dessen nicht akzeptable Verfassungsänderung in einem „mehr als fragwürdigen Verfahren“ große Besorgnis auslöse.
Fischer unterstrich erneut die dringende Notwendigkeit, dass die demokratischen oppositionellen Kräfte in dem Balkanland endlich zusammenfinden. Die „legalistische Tarnung“ des jugoslawischen Staatspräsidenten ändere nichts an der Tatsache, dass er Jugoslawien „in den Abrund treibe“.
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