Filmstarts à la carte
: Mafiöse Baletttänzer

■ Ein junger Russe steht in New York in einer Disco und versucht zwei Mädels anzubaggern. Leider begeht er dabei einen Fehler: Als er sich nämlich als Balletttänzer zu erkennen gibt, wird er gnadenlos ausgelacht. Doch schon wenig später hat er sich an die nächste Dame herangemacht und ist nun schlauer. Als erneut die Frage aufkommt, was er denn in den USA so mache, zögert er nur kurz und sagt dann: „Mafia“. So wie dem vom Eiskunstläufer Ilia Kulik gespielten Sergei in Nicolas Hytners „Center Stage“ ergeht es heute leider auch dem Genre der Tanz- und Musikfilme: Es stößt auf wenig Gegenliebe beim Publikum und wird meist verlacht. Schön dumm, kann man da nur sagen. Bringt Regisseur Hytner in „Center Stage“ doch das Kunststück fertig, nicht nur die harte Arbeit hinter einer oft als prätentiös empfundenen Kunstform zu schildern, sondern auch ganz simpel einen Film über junge Leute mit all ihren beruflichen Ambitionen, privaten Hoffnungen, Lieben, Abenteuern und Dummheiten zu inszenieren. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Jody, Eva und Maureen, die darauf hoffen, am Ende ihrer Ausbildung in die Company der American Ballet Academy übernommen zu werden. Doch nach einem Jahr harten Trainings sind die Mädchen erwachsener geworden, und die Lebensziele haben sich verändert. Die Konstellation erinnert an einen Musical- Klassiker: In „Ziegfeld Girl“ sind es Judy Garland, Hedy Lamarr und Lana Turner, die eine Karriere als Revue-Girls anstreben. Doch nur Garland wird am Ende zum Star, während Lamarr für die Familie optiert und Turner vor die Hunde geht. Zwar endet in „Center Stage“ niemand in der Gosse, aber auch hier kann es letztlich nur eine schaffen, den strikten Anforderungen für eine Karriere im klassischen Ballett gerecht zu werden. Auch mit der als Prüfung dienenden abschließenden Ballett-Gala knüpft der Film noch einmal an das klassische Musical an: Jody (Amanda Schull) und der Company-Star Cooper (Ethan Stiefel) erzählen in einer modernen Choreografie einen Teil ihrer Lebensgeschichte noch einmal in Tanz nach und erinnern so an die großen Ballett-Finale von Gene Kelly in „On the Town“ und „An American in Paris“. Und eine kleine Hommage an den Tanz-Film schlechthin gibt es auch noch: Jody trägt die roten Schuhe.

„Center Stage“ 27.7.-2.8. im Kinocenter Spandau 5

■ Und gleich noch ein Musikfilm, in der die Bühnennummern die Handlung kommentieren: In Bob Fosses „Cabaret“ schlägt sich Liza Minnelli als Showstar im dekadenten Berlin der frühen 30er Jahre durchs Leben. Am Ende erscheinen Cabaretnummern und das Privatleben der Figuren austauschbar: „Life is a Cabaret“.

„Cabaret“ 2.8. im Freiluftkino Museumsinsel

■ Der Kommentar zur Urlaubszeit: Mit „Die Ferien des Monsieur Hulot“ schuf Jacques Tati den wohl ultimativen Klassiker über Freud‘ und Leid in den schönsten Tagen des Jahres. Auch fast fünfzig Jahre nach ihrer Entstehung erweisen sich die Gags als zeitlos - von den Reisenden, die die Lautsprecherdurchsagen auf dem Bahnhof nie verstehen und immer auf den falschen Bahnsteig hasten, bis zu M. Hulots merkwürdigen Bewegungsabläufen beim Tennisspiel, das er trotzdem stets gewinnt. Tatis Komik entspringt einer genauen Alltagsbeobachtung sowie seinem steten und unfreiwillig anarchischen Kampf gegen die Effizienz und Kälte der „modernen“ Welt. Denn eigentlich haben die Urlauber in „Die Ferien des M. Hulot“ ihre freie Zeit geregelt wie einen Tag in der Fabrik: Eine Glocke ruft zu regelmäßigen Mahlzeiten, ein Badegast hängt ständig am Telefon um seine Geschäfte zu regeln, und ein ehemaliger Major leitet ein Picknick wie ein militärisches Manöver. Da kann der hyperaktive M. Hulot mit seinem klapperigen Auto und den lauten Jazzplatten nur stören. Und so dankt ihm am Ende der Ferien auch nur einer: ein kleines Männchen, das immer still hinter seiner nervigen Gattin hergetrabt ist und sich wohl gern auch einmal getraut hätte, was der tolpatschige Hulot immer ganz unabsichtlich anrichtet.

„Die Ferien des M. Hulot“ 2.8. im Arsenal 2 Lars Penning