: VHS: Wir müssen leider draußen bleiben
■ Die Zentralbibliothek im Polizeihaus kommt – sagt Kultursenator Bernt Schulte (CDU) / Dafür muss die Volkshochschule aus Kostengründen zu Hause bleiben
Nachbarn sind sie bisher nur im Behördentelefonbuch, und dabei wird es auch bleiben: Stadtbibliothek und Volkshochschule ziehen nicht gemeinsam in das alte Polizeihaus am Wall. Eine große zentrale Bildungseinrichtung mitten in der City bleibt damit ein Wunschtraum – aus Kostengründen. Das machte gestern Kultursenator Bernt Schulte auf einer Pressekonferenz deutlich.
Die andere Seite der Medaille: Zumindest die Stadtbibliothek kann ihre Zentralstelle in dem leer stehenden städtischen Gebäude einrichten, was allgemein als Erfolgsnummer gewertet wird. Sogar die Grünen sehen darin einen Grund zum Feiern – sollte nicht doch noch etwas dazwischen kommen. Doch nach jahrelangem Gezerre erwartet Senator Schulte in der nächsten Woche den „definitiven Senatsbeschluss“ zu Gunsten des Projekts. Dazu sollen auch 4.000 Quadratmeter Geschäftsflächen gehören: Aus dem historischen Gemäuer soll auch eine Bas-tion des Einzelhandels werden.
Auch vom Investor Zechbau war zu hören, dass jetzt „alle Probleme gelöst“ seien. Es lägen abschlussreife Verträge vor. Einzelheiten gab die Bremer Baufirma allerdings noch nicht bekannt. Zur Erinnerung: Zechbau war seit Jahren kaufwillig, machte einen Abschluss jedoch von sicheren Mietern abhängig. Von 60 Millionen Mark Investitionsvolumen war die Rede. Noch im Mai war Kultursenator Schulte nicht bereit, für den Umzug der beiden städtischen Institutionen zusätzlich über 600.000 Mark bereitzustellen.
Jetzt ist es offensichtlich gelungen, die ungeliebten Mehrkosten einzudampfen – zum Nachteil der Volkshochschule. Die Miete für die vorgesehenen 4.000 VHS-Quadratmeter fällt nämlich weg – übrig bleiben 400.000 Mark. Weiterhin soll das teure Domizil der Kulturverwaltung im Herdentorsteinweg „abgemietet“ werden, um weitere Märker in die Kasse zu spülen. Dann müsse die Bibliothek noch „ein bisschen mehr Miete bezahlen“ als geplant, so Schulte. Die soll sie selbst erwirtschaften. Auch soll eine der beiden Bibliotheken im Bremer Norden – Vegesack und Lesum – geschlossen werden.
Die Direktorin der Stadtbibliothek, Barbara Lison, kalkuliert wegen der hohen Jahresmiete von 1,5 Millionen Mark vorerst mit einem Defizit. Sie hofft jedoch, dass der neue Standort doppelt so viele Besucher anlockt und damit Mehreinnahmen bringt. Wird die über 7.000 Quadratmeter große Zentralbibliothek oben im Polizeihaus bis Anfang 2002 fertig – wie Schulte hofft – schließen die Bibliotheken Schüsselkorb, Schleifmühle, Neustadt und Vor dem Steintor. Gestern gab sich Lison „hoch motiviert“, das Projekt Polizeihaus in Angriff zu nehmen. Dass die VHS nicht mit im Boot ist, sieht sie als Verlust.
Die Volkspädagogen selbst zeigten sich unterdessen nicht besonders unglücklich. „Ich freue mich, dass es zumindest eine Lösung für die Stadtbibliothek gibt“, sagt der kommissarische Direktor der VHS, Horst Rippien. Er wünscht sich künftig lediglich „mehr Sorgfalt“ im Umgang mit seinem Hause. „Nicht gut“ findet er, dass die Bremer Volkshochschule als einzige großstädtische Institution ihrer Art in Deutschland weiterhin kein eigenes Veranstaltungshaus besitze. Seine zarte Kritik in Sachen Polizeihaus: Es habe keine Parallelverhandlungen gegeben.
Ob die Verbindung „Shoppen und lesen im Polizeihaus“ tatsächlich funktioniert und so das gesamte städtische Umfeld aufgepeppt wird, hängt nun vor allem von den Zechbau-Planern ab. Denn eine 1-A-Lage hat das Gebäude aus Sicht des Einzelhandels keineswegs. Auch als Werbefläche ist die verschachtelte Trutzburg, die für viel Geld entkernt werden soll, bisher alles andere als attraktiv. Risiko: Ohne die Mieteinnahmen durch die Einzelhändler dürfte das ganze Konzept ins Wanken geraten. hase
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