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Françoise Cactus setzt mit dem Detektivroman „Zitterparties“ ihre Reise durch die literarische Moderne fort
1988 druckte die taz eine kurze Erzählung von Françoise Cactus: „Meine Bettlaken klebten auf meiner Haut. Nichts konnte meinen Durst löschen“, begann der Text und stellte nach wenigen Zeilen die große Frage der erotischen Literatur: „Was würden Sie dazu sagen, wenn Sie wüssten, dass ich kein Höschen anhabe?“
Es war der Auftritt einer großen Erzählerin! Nach dem Debüt im klassischen Genre Erotik legte Françoise Cactus im Jahr 1996 den Bildungsroman „Autobigophonie, Abenteuer eine Provinzblume“ vor, eine deutsch-französische education sentimentale, und setzt jetzt ihre Reise durch die literarische Moderne mit einem klassischen Detektivroman fort. Er heißt „Zitterparties“!
Marie-Jeanne und Sissi sind Teenager und leben in Issy les Moulinettes, einem Pariser Vorort mit der „Schönheit eines Krampfs im Fuß“. Sie verlieben sich in DJs, blättern Woche um Woche die neueste Ausgabe des „Détective“ durch und üben Zungenküsse. Bis unvermutet das Grauen in Person von Marie-Jeannes Tante Mado in ihren Alltag einbricht: „War es nicht unheimlich, wie oft Tante Mado schon Witwe geworden war?“
Es ist unheimlich! Die beiden Mädchen beginnen sofort mit ihren Ermittlungen: „Will sich eine Frau als Mann verkleiden, so darf sie weder Perücke noch falschen Bart verwenden, die erkennt man sogar im Nebel“, weiß Marie-Jeanne. Also malt sie sich mit braunem Schminkstift „Koteletten an und wilde Striche auf Kinn und Wangen, die sie dann mit den Fingern verwischt. Das wirkt natürlich unrasiert.“
Natürlich! Françoise Cactus weiß, wie man Detektivgeschichten schreibt! Und erotische Literatur auch. Der Dialog, damals, 1988, ging nämlich so weiter:
– „Was würden Sie dazu sagen, wenn Sie wüssten, dass ich kein Höschen anhabe?“
– „Na und? Ich habe auch keins. Sonst hätte ich es Ihnen geschenkt. Besitz ist mir nichts.“
MEN!
Françoise Cactus: „Zitterparties“. Rowohlt, Reinbek 2000. 172 Seiten, 12,90 DM
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