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Gegen das Wegschweigen

Zivilcourage gegen rechts (9): Eine Initiativgruppe in Brandenburg schafft Orte der Begegnung

Birgit Glorius sieht, dass die Elfjährige ein Hakenkreuz aus Glasperlen bastelt. Sie spricht sie an. Das Mädchen tut, als wüsste es nicht, was seine Arbeit darstellt, und wirft sie hastig weg.

Seit vier Jahren ist die erste Woche der Sommerferien im brandenburgischen Velten „Mixed-Pickles-Woche“. Die „Initiativgruppe gegen Gewalt und Rassismus“ organisiert ein Multikulti-Straßenfest. Die 34-jährige Birgit Glorius nimmt sich dafür extra frei – nicht nur die Runenbastlerin, auch die anderen Kinder und Jugendlichen aus Velten und dem nahe gelegenen Asylbewerberheim in Stolpe-Süd müssen betreut werden. Mit „Mixed-Pickles“ und anderen Aktionen wollen die etwa 25 Mitglieder der Initiativgruppe gegen Wegsehen und Wegschweigen angehen – und Orte für Begegnungen schaffen, besonders zwischen Kindern und ausländischen Mitbürgern. So sollen Vorurteile relativiert und Konfliktbewusstsein entwickelt werden.

Birgit Glorius hält viel von Aufklärung und Vorbeugung – und nichts davon, Rechtsradikalismus im Osten mit der DDR-Vergangenheit zu rechtfertigen. „Jeder Mensch hat eine Geschichte, und jeder Mensch muss lernen, mit entstehenden Problemen fertig zu werden.“ Gleich nachdem sie vor vier Jahren aus Berlin nach Brandenburg gezogen war, schloss sich die Steuerfachgehilfin der Initiativgruppe an. Die Mutter zweier Töchter wollte nicht nur etwas gegen dumpfes Denken tun, sie wollte sich auch in ihre neue, selbst gewählte Heimat einbringen, soziale Kontakte knüpfen.

Rechtsextremismus ist in Velten nicht nur eine Wahrnehmung besorgter Neubürger: In den letzten Jahren brannten in der Kleinstadt immer wieder Imbisswagen, tiefer gelegte Golfs mit dunkel getönten Scheiben und hämmerndem Rechtsrock brausen durch die Straßen, und an manchen Schulen ist rechtes Gedankengut Konsens.

„Ausländerfeindlichkeit ist weit verbreitet“, sagt Birgit Glorius. Sie spürt das beim Einkaufen oder im Gespräch mit dem Handwerker. „Die Menschen sagen schnell etwas gegen Ausländer – und sind überrascht , wenn man dagegenhält.“ Aber die Initiativgruppe trifft auch auf Unterstützung. Die jährlich 8.000 Mark für „Mixed-Pickles“ etwa setzen sich aus Spenden zusammen. Das Fest oder die alljährliche Fahrt ins KZ Sachsenhausen sollen zuallererst mal Bewegung schaffen. Dass sich hellhäutige Kinder auf dem Festplatz nicht mit ihrem dunkelhäutigen Freund aus dem Asylbewerberheim fotografieren lassen, damit ihre Freunde diese Entgleisung nicht in der Zeitung sehen, wird einmal der Vergangenheit angehören. Weil es muss. ANJA MAIER

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