: Letzte Galgenfrist für die Öko-Siedler an der Lesum
■ Senat will jetzt einen Bebauungsplan für das ganze Gebiet aufstellen lassen / Öko-Siedler sind enttäuscht
Die Bewohner der Öko-Siedlung an der Lesum erhalten einen neuen Pachtvertrag bis zum 31. März 2003 – bis kurz vor der nächsten Bürgerschaftswahl. Das beschloss gestern der Senat. Gleichzeitig wurde die Senatorin für Bau und Umwelt, Tine Wischer (SPD) gebeten, eine Neubeplanung des Friedhofsgeländes an der Lesum, auf dem das zwei Hektar große Öko-Dorf liegt, einzuleiten. Bis zum Ende der Legislaturperiode soll ein neuer Bebauungsplan vorliegen. Wer nach dem Willen des Senats nicht mehr darin vorkommt: Die Öko-Siedler.
Für einen Bebauungsplan gibt es tatsächlich gute Gründe: Schließlich wurde auf dem 34,5 Hektar großen Friedhofsgelände nie ein Mensch begraben – weil Bremen weniger Bewohner bekam, als Anfang der 70er Jahre angenommen. Der zukünftige Bebauungsplan soll nach dem Willen des Senats absichern: eine Erweiterungsfläche für Kleingärten, eine Vergrößerung des Golfplatzes, Wohnbebauung, Friedhofsnutzung und Flächen für Ausgleichsmaßnahmen.
„Dieses Gelände wird benötigt, deshalb gibt es jetzt ein Verfahren für einen Bebauungsplan“, begründete der Pressesprecher von Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU), Stefan Luft, den Senatsbeschluss. Wischers Sprecher Holger Bruns bezeichnete den Beschluss als „Angebot zur Deeskalation auf allen Ebenen.“ Der Sprecher des betroffenen „Vereins grüner Weidedamm“, Klaus Möhle, dagegen war entäuscht: Man fühle sich ausgetrickst und werde juristisch gegen eine Verdrängung vorgehen.
Der Vertrag der Öko-Siedler war letzten Herbst nach fünf Jahren ausgelaufen, die Siedler sollten das Feld räumen. Möhle und seine Mitstreiter hatten sich immer wieder auf eine angebliche mündliche Zusage von Perschau berufen, den Pachtvertrag zu verlängern. Perschau hatte dementiert, es habe eine solche Absprache gegeben. Im Frühjahr wollte Perschau die Siedler dann kurzfristig des Platzes verweisen.
Als Kompromiss mit den besetzer-willigen Siedlern wurde im Frühjahr der ehemalige CDU-Fraktionschef Peter Kudella als Vermittler eingesetzt. Der von Kudella vorgeschlagene Weg: die Siedler sollten einen drei Jahres-Vertrag bekommen, der danach jeweils um ein Jahr verlängert werden könne – wenn nicht entweder „wichtige Gründe“ dagegensprächen oder der Senat nicht von der Möglichkeit Gebrauch macht, das Planungsrecht zu ändern, um eine andere Nutzung für das Gebiet durchzusetzen. Letzteres ist nun aber schon vor Ablauf der Dreijahresfrist geschehen.
SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen sagte gestern, er betrachte den Beschluss „als sinnvolle und akzeptable Lösung“. Im Januar hatte Böhrnsen noch Partei für die Siedler ergriffen: damals betrachtete er die anstehende Vertreibung als “Affront“ gegen den Stadtteilbeirat, der sich für den Verbleib der Öko-Siedler ausgesprochen hatte. cd
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen