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Filmstarts á la carteEin Besuch im Nachtclub und seine Folgen

■ Zur Entstehung der berühmten Tit-for-tat-Komik (Wie du mir, so ich dir) des Komikerduos Laurel und Hardy erzählte der Regisseur und Studio- Supervisor Leo McCarey eine Anekdote, derzufolge er einst mit Studioboss Hal Roach und der Schauspielerin Mabel Normand einen Nachtclub besuchen wollte und erst nach längeren Verwicklungen jemanden fand, der ihm seine Fliege korrekt binden konnte. Doch um ihn zu ärgern, zog Mabel Normand die Schleife einfach wieder auf. Der Heiterkeitsausbruch seiner Freunde erboste McCarey derart, dass er nunmehr an Roachs Fliege zupfte. Schon bald waren auch alle anderen Besucher des Lokals mit „Fliegen-Öffnen“ beschäftigt. „Die Basis für mindestens ein Dutzend Laurel und Hardy Filme“, bemerkte McCarey. Dabei beruht die komische Wirkung des „tit for tat“ vor allem auf der entgegen aller Erwartungshaltungen verzögerten und dann meist unangemessenen Reaktion der Schauspieler. Zwei der schönsten Beispiele dieser Komik finden sich in „Two Tars“ (Regie: James Parrott), wo Stan und Ollie als Matrosen auf Landgang einen Stau in einen Autofriedhof verwandeln und in „Big Business“ (Regie: James W. Horne), wo sie als Verkäufer von Weihnachtsbäumen ihrem potentiellen Kunden (James Finlayson) derart auf die Nerven fallen, dass er den Baum mit einer Gartenschere zerschnippelt. Dies gibt Stan und Ollie den Anlass, nunmehr ihrerseits Finlaysons Haus und Garten in einer Orgie der Zerstörung zu verwüsten. „Love `em and Weep“ (Regie: Fred Guiol) zeigt Laurel und Hardy bevor sie sich zum Duo zusammenfanden: Eigentlicher Star dieser „domestic comedy“ ist James Finlayson, der mit allerlei häuslichen Problemen kämpft, bei denen ihm sein Angestellter Laurel keine allzu große Hilfe ist. Oliver Hardy kann man - obwohl heftig verkleidet - als abendlichen Gast erkennen. Während Laurel seine Leinwandpersönlichkeit und seine Komik (etwa das plötzliche Weinen) bereits weitgehend entwickelt hatte, war Hardy damals noch wenig mehr als ein Kleindarsteller.

Filme mit Stan Laurel und Oliver Hardy: „Love ‚em and Weep“, „Two Tars“, „Alpine Antics“, „Big Business“, „Liberty“ 25.8. im Arsenal 2

■ Sie sind in jedem Action-Film unverzichtbar: Stuntleute. Doch das Geschäft mit der Gefahr betreibt vor allem das starke Geschlecht, und selbst auf den Sets des fernöstlichen Kinos, wo doch die weiblichen Stars mit größter Selbstverständlichkeit als Actionheldinnen auftreten, sind Stuntfrauen Mangelware. Wie eine junge Kampfsportlerin (Michelle Yeoh) trotzdem in die Männerdomäne vordringt, davon erzählt Regisseurin Ann Hui in „The Stuntwoman“. Ihr Film zerfällt in drei stilistisch sehr unterschiedliche Episoden, die die klassischen Hongkong- Genres repräsentieren: Zu Beginn springt die Handkamera mitten hinein in die Welt der Dreharbeiten typischer Martial-Arts-Filme - Hektik, Tricks, Unfälle und ein gnadenloser Konkurrenzkampf verschiedener Filmteams sind an der Tagesordung. Das Geld stammt von der Mafia, und ab und zu müssen die Dreharbeiten beendet werden, weil der Boss gerade umgelegt wurde. Nach einer Weile verabschiedet sich unsere Stuntfrau aus diesem Irrenhaus: Sie verliebt sich. Da der Auserkorene allerdings nur wenig Verständnis für ihre Wünsche und ihren Lebensstil aufbringt, wird der Film nunmehr zum Melodram. Doch am Ende steht die Hommage an den Hongkong-Action-Film: mit grimmassierenden Schurken in lila Jackets, wenig Logik und viel Schwung. Eigentlich hätte es wohl auch noch etwas mehr Action sein sollen, doch eine schwere Verletzung von Michelle Yeoh - die Aufnahmen vom Unfall sind im Abspann zu sehen - stand dem im Wege.

„The Stunt Woman“ im Rahmen der „Made in Hongkong“ Reihe 27.8. im Haus der Kulturen der Welt

■ Mit seinem typischen Thea-von- Harbou-Unsinn (Der Mittler zwischen Hand und Hirn ist das Herz) ist „Metropolis“ sicher eines der reaktionärsten Werke des deutschen Stummfilms, dank Fritz Langs architektonischer Visionen aber auch eines der optisch beeindruckendsten. Nach einer längeren Rekonstruktionsphase ist der schon kurz nach der Premiere 1927 verstümmelte Film jetzt in der momentan bestmöglichen Fassung wiederzuentdekken.

„Metropolis“ 24.8. Freiluftkino Museumsinsel, 26.8.Zeughaus Open Air im Garten des Kronprinzenpalais

Lars Penning

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