: Moderne Metropole: Mors Mors
Wasserträger, Polizeiorchester und ein Buffet nur für Hanseaten: Länderwoche „Hamburg“ auf der Expo ■ Von Peter Ahrens
Die Hamburger Präsentation auf der Weltausstellung zu finden, ist nicht schwer: Irgendwo zwischen dem Siemens Mediaversum und der Preussag Arena, kurz hinter der Sparkassen-Finanzgruppe VIP-Lounge, gegenüber dem Stand, wo die Lebkuchenherzen „I love Expo 2000“ (12 Mark) verkauft werden, direkt am McDonald's-Imbiss, neben der Bude mit der Riesen-Expo-Grillwurst (6 Mark) – da liegt der deutsche Pavillon. Darin steht Hamburgs Bürgermeister Ortwin Runde (kostenlos) zwischen riesigen Gipsköpfen und ist beeindruckt. So beeindruckt, dass er sich am Mittwoch Abend beim Senatsempfang anlässlich der Hamburger Länderwoche in Hannover an die These heranwagt: „Diese Expo ist ein Erfolg.“ Der Beifall der gut 300 Gäste plätschert.
„Hamburg präsentiert sich in diesen Tagen in Hannover als lebendige Wirtschaftsmetropole“, schreibt die dpa. Verkörpert wird die lebendige Wirtschaftsmetropole durch die Zitronenjette und den Wasserträger. Wie ein Kuckucksruf im Wald hallt sein „Mors Mors“ über das Expo-Gelände. Ein Tourist aus Sachsen ist begeistert und bringt den Camcorder in Anschlag: „Endlich mal was Richtiges hier.“ Er meint: Endlich mal keine Computer.
Die gibts im Inneren bei der Hamburg-Präsentation ausreichend. Die Hafencity ist virtuell schon gebaut, ein anderer Bildschirm gibt einen Überblick über die Multimedia-Szene der Stadt. Jazz-Pianist Gottfried Böttger präsentiert zum Senatsempfang eine „Internet-Session“. Ein Ton kommt aus Hannover, einer aus New Orleans. Runde freut sich über die „offene, fröhliche Atmosphäre“. Das Polizeiorchester Hamburg intoniert artig: Auf der Reeperbahn, nachts um halb eins, düdelüdülüd.
Ein paar Schritte weiter fristet die Ausstellung „hamburgundde-sign“ unbeachtet ihr Dasein. Eine Handvoll lieblos zusammengestellter Schautafeln kündet von der hanseatischen Herkunft der Niveadose und des Montblanc-Füllers. Nicht einmal der enthusiastische Sachse interessiert sich dafür.
Jeder fünfte Besucher auf der Expo sei aus Hamburg, verkündet Runde. Beim Senatsempfang, bei dem sich die Stadt der Welt präsentieren soll, sind hundert Prozent der Gäste hanseatisch: Der halbe Senat und ein Teil der Bürgerschaft, Behördensprecher und Uni-ProfessorInnen, die sich auch in Hamburg täglich über den Weg laufen. Einlass nur per Einladung. Selbst der einzige Gast von woanders, Expo-Generalkommissarin Birgit Breuel, wurde zumindest in Hamburg geboren.
Breuel spricht davon, dass „die Expo zwei Gesichter hat – ein trauriges mit den schwierigen Zahlen und ein fröhliches mit der Stimmung“. Runde sagt, „die Expo setzt einen gastfreundlichen Kontrapunkt zum Thema Rechtsextremismus“, alle HamburgerInnen nicken beifällig, und dann ist das Buffet eröffnet. Von draußen hört man immer noch ein penetrantes „Mors Mors“.
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