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Autobahn 31: Anlieger nicht frei

■ Ostfriesische Wirtschaft will für Teilstück der A 31 zahlen – einen Kleckerbetrag im Vergleich zu den Gesamtkosten

Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik finanziert die private Wirtschaft ein Autobahn-Teilstück. Mitinitiator ist Rolf Trauernicht, Unternehmer im ostfriesischen Großefehn. „Wenn die Lücke in der A 31 vom Ruhrgebiet nach Emden nicht geschlossen wird, wandere ich aus“, so seine, für den schlappen ostfriesischen Arbeitsmarkt, brutalstmögliche Drohung.

Die Autobahn 31 führt aus dem Ruhrgebiet an der niederländischen Grenze entlang nach Emden. Im emsländischen Geeste aber klafft eine 40 Kilometer lange Lücke. Die Verbindungsstraßen führen über die Dörfer. „Ein Skandal der mich wegen der Staus jährlich über 100.000 Mark kostet“, schimpft Transporteur Trauernicht. Wegen Geldmangels stufte die Bundesregierung die Autopiste in der Baupriorität immer wieder zurück. Die Fertigstellung bis 2005 war unmöglich geworden. Auch an den Ausweichtermin 2013 glaubte niemand mehr.

„Da müssen die Unternehmer ran“, forderte Trauernicht. Zusammen mit den Landkreisen Emsland, Nordhorn, Leer, der Grafschaft Bentheim und einigen deutschen und niederländischen Industrie- und Handelskammern (IHK) sammelte er Geld für die A 31. Unterstützt wurde die Initiative von CDU und SPD Landtags- und Bundestagsabgeordneten der Region. Zwar steht ein endgültiger Baubeginn noch nicht fest, aber: „Wir hoffen jetzt auf eine Fertigstellung der A 31 bis 2005“, so der Verkehrsexperte der IHK für Ostfriesland und Papenburg, Helmut Klug.

„Norddeutsche Wirtschaft schenkt Klimmt eine Autobahn“, titelte eine lokale Zeitung euphorisch. Das Bundesverkehrsministerium aber blieb skeptisch. „Wir dürfen nicht erpressbar werden“, so ein Sprecher des Ministeriums. Die Grünen warnten: „Privates Geld für eine Autobahn, nein. Das Geld für die A 31 muss von anderen, unsinnigen Autobahnprojekten abgezogen werden“, so Gila Altmann, grüne Bundestagsabgeordnete aus Ostfriesland. Darüber favorisieren die Grünen für den Güterverkehr den Ausbau der Bahn und des Seeschiffverkehrs. Dazu Rolf Trauernicht: „Wir wickeln fast 100 Prozent unserer Transporte über die Straße ab. Die Bahn schränkt ihre Verkehre ein, dann ist es unmöglich mit der Bahn Zielverkehr von Haus zu Haus zu betreiben. Wir müssten ständig von der Schiene auf die Straße umladen, das wäre völlig unrentabel.“

„Großer Druck war nötig, unser Ziel zu erreichen“, freut sich Rolf Trauernicht. Politisch ist die private Mitfinanzierung genehmigt. Prächtig werben die Kammern für das „Unternehmen Lückenschluss“. Genaues Nachrechnen aber lässt die „Macht der Wirtschaft“ schrumpfen. Von knapp 420 Millionen Mark Baukosten will die gesamte nordwestdeutsche Wirtschaft ganze 21 Millionen Mark tragen. Die können als „Betriebskosten“ abgesetzt werden. Der Rest sind öffentliche Mittel. Trotzdem: Der Werbeaufwand für die A 31 ist immens.

Ein anderes Wirtschafts-Projekt liegt dagegen wie Blei in den Schubladen der Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg. Von 17.000 Unternehmen im Kammerbereich wurden 1.300 vor einem halben Jahr pflichtgemäß gebeten, einen Obulus für den Fond zur Entschädigung von Zwangsarbeitern zu entrichten. Bislang haben 23 Betriebe gezahlt. schumi

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