: Heribert wieder auf der Flucht
Interpol ermittelt – ist jetzt Antwerpen das Ziel des gefährlichen Gewaltmenschen?
FRANKFURT taz ■ Der Sommer 2000 war mild, doch für einen bestimmten Mann war er heiß genug: Heribert Lenz (48) hat in wenigen Wochen alles erlebt, was einem Mann aus der Gosse widerfahren kann.
Am Anfang standen üble Nachreden, Verdächtigungen und polizeiliche Ermittlungen gegen den berüchtigten Gewaltmenschen Lenz. Die paar Piepen, die er hatte, saßen Lenz so locker in der Tasche wie seine Faust. Und so kam es regelmäßig zu Krawallen in „Mainhattan“. Hauptbeteiligter: Heribert Lenz.
Dann die Wende. Heribert machte eine Jenseitserfahrung, schwor ein für allemal der Gewalt ab und tat Gutes (Die Wahrheit berichtete). Plötzlich setzte Lenz sich für Schafe, Afrika, Korea und „mehr Menschlichkeit“ ein. So fand er auch Gelegenheit, Spendengelder zu scheffeln, sich in Las Vegas, an der Côte d’Azur und in Palästen des Orients einen „feinen Lenz“ zu machen. Um ein Haar hätte die Deutsche Sektion der Internationalen Gesellschaft für Humanität Heribert Lenz vor kurzem den hoch angesehenen, mit 25.000 Mark dotierten „Humanitas-Preis“ verliehen. Nach einer internen Kampfabstimmung wurde er jedoch im letzten Moment dem Talkmaster Giovanno do Lirenzi zugesprochen.
Zum Glück. Denn schon bald nach seiner Wandlung vom Saulus zum Paulus rutschte Lenz abermals in die Gewaltkriminalität ab und hinterließ auf der Flucht eine Fährte des Terrors. In Ludwigshafen liegt der Polizei ein Bericht vor, wonach Heribert nachts eine Kirche aufgebrochen und rings um den Altar einen schweren Millionenschaden angerichtet haben soll.
Da in Heriberts Schlupfwinkel in der Frankfurter Ostparkstraße gefälschte Pfundnoten, Yen und Drachmen sichergestellt wurden, haben auch Scotland Yard und Interpol die Verfolgung aufgenommen. Eine Bürgerinitiative aus dem Frankfurter Stadtteil Bornheim hat eine Kopfprämie in Höhe von 5.000 Mark auf Heribert ausgesetzt Hinweise aus der Bevölkerung, wonach sich Heribert nach Antwerpen abgesetzt hat, sind von der Frankfurter Kripo als „gegenstandslos“ bezeichnet worden. Nach inoffiziellen Angaben ist damit zu rechnen, dass er Wertgegenstände aus Einbruchdiebstählen mit sich führt und versuchen wird, die Objekte an Hehler zu verkaufen. Das Bundeskriminalamt hat alle Bürger ausdrücklich davor gewarnt, Lenz unbewaffnet entgegenzutreten. „Heribert schreckt vor Schusswaffengebrauch nicht zurück“, sagte ein BKA-Sprecher der Augsburger Allgemeinen. „Wir haben unsere Erfahrungen mit ihm.“
Ein offener Brief, in welchem Lenz nahe gelegt wird, sich den Behörden zu stellen, befindet sich auf Initiative des Innenministeriums in Vorbereitung. Verschiedene Prominente haben sich bereits dazu bereit erklärt, den Brief zu unterzeichnen, u. a. Günter Grass, Felix Mussil, Durs Grünbein, Alfred Biolek, Uli Hoeneß, Ute Lemper und Hans Zippert. Renn, Heribert, renn!
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