: Musik gegen Not
■ Prominent besetzt: das heutige Benefiz-Konzert für eritreische Flüchtlinge
Der Krieg ist vorbei, der Hunger nicht. Die Kampfhandlungen zwischen Äthiopien und Eritrea, bisweilen als „der blutigste konventionelle Krieg der Welt“ (taz, 7.6.2000) eingeschätzt, sind zwar seit dem Waffenstillstandsabkommen von Algier im Juni eingestellt. Aber es bleibt die betroffene Region neben den Kriegsfolgen von anhaltender Dürre und Ernteausfällen gebeutelt. In Eritrea leiden nach Schätzungen derzeit wenigstens 600.000 Menschen an Unterernährung und ihren Folgen, in Äthiopien sind für rund 8 Millionen Menschen die Nahrungsmittel „äußerst knapp“, so die Welternährungsorganisation FAO. Internationale Institutionen schätzen die Zahl der Kriegs- und Hungerflüchtlinge allein in Eritrea auf 750.000 bis 1 Million Menschen.
Etwa 10.000 davon leben derzeit im Lager Mensura nahe der äthiopischen Grenze. Es fehlt, kaum überraschend, am Nötigsten, gebraucht werden „neben Nahrung vor allem Kleidung und Zelte“, so heißt es in einer Erklärung der Initiatorinnen des „Mensura“-Benefizkonzertes. Die Mode- und Gra-fikdesignerinnen Bisrat und Frehiwet Negasi flohen als Kinder mit ihrer Familie aus Eritrea, wuchsen in Hannover auf und leben seit 1985 in Hamburg. Zur Abhilfe der akutesten Not im Lager Mensura stellten sie einen prominent besetzten Benefizabend auf die Beine.
Nicht, dass Solidarität hier eine Frage der Hautfarbe sein sollte, aber das Programm heute Abend in der Großen Freiheit speist sich auffallend aus gerne als „schwarz“ wahrgenommenen Facetten des Popgeschehens. Eimsbushs Mr. Schnabel, der ebenda gern gesehene Reggae-Shootingstar Patrice, Ex-Ferris MC-Mitfreak FlowinImmo, Wuppertals HipHop-Qualitätsexport Walkin Large, das Hamburg-Berliner Soul-Pop-Outfit Cultured Pearls und This is not a Machine Gun bitten, sich für den guten Zweck – und hoffentlich einen guten Abend – einzufinden. Außerdem steht ein nicht spezifizierter Special Guest auf der Schedule, und der Headliner soll freilich auch nicht verschwiegen werden: der Funk-Gitarrist von Weltruf, Erfinder des sechssaitigen Slappens und Rehabilitand des Hutes außerhalb der A Cappella-Szene, Keziah Jones, konnte ebenfalls gewonnen werden. Das darf hochkarätig genannt werden.
Wer es nicht selbst in die Große Freiheit schafft, hat übrigens immer noch die Möglichkeit, unter www.mensura.org oder www.bluetrix.de einen Livestream der Veranstaltung anzusehen, den eine spezialisierte Firma aus Schleswig-Holstein einrichten wird. Der eigene Beitrag zur guten Sache freilich fällt bei bloßer Online-Teilnahme eher gering aus. Alle Einnahmen aus dem heutigen Konzert gehen auf ein soeben eingerichtetes Sonderkonto der Deutschen Welthungerhilfe, auf das natürlich auch danach noch gespendet werden kann: Stichwort: PDP Eritrea, Kto. 1115, Sparkasse Bonn (BLZ 380 500 00).
Alexander Diehl
heute, 20 Uhr, Große Freiheit 36
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen