piwik no script img

Der Hornby in uns

Eine Verschwörungstheorie und eine Dosis sympathischer Irrsinn: Stefan Arndts „Paul is Dead“ beim Beta-Filmfest

Dieser Film wäre im Kino sicher erfolgreich. Er wird aber nie ins Kino kommen. Die Musikrechte wären unbezahlbar. Denn es geht um niemand Geringeren die Beatles. Um „Paul is Dead“ zu verleihen, müsste man wohl einen guten Draht zu Michael Jackson haben (der die Songrechte besitzt) und jemanden von EMI in der Sauna treffen. Also läuft der Film nur bei Berlin Beta und irgendwann im ZDF.

Dabei ist „Paul is Dead“ nicht so ein blutleeres Jugendkonstrukt wie „Crazy“. Bei dieser von Stefan Arndt produzierten Verschwörungstheorie, die 1980 spielt, stimmt jedes Detail. Der Zeitschriftenladen, die Autos, die Farben, alles straight aus den Siebzigern.

Tobias düst immer auf seinem BMX-Rad durch seine Kleinstadt. Alles Auffällige wird notiert. Auch der weiße Käfer mit dem Lenkrad auf der rechten Seite. Dessen Fahrer wirft eine leere Schachtel „Players“ in den Papierkorb des Zigarettenlädchens. So gerät Tobias an eine ominöse Telefonnummer. Außerdem notiert er sich das gelbe Autokennzeichen. Und so kommt die Verschwörung an den Tag: Es ist der gleiche Käfer, der auf dem „Abbey Road“-Album der Beatles neben dem Zebrastreifen parkt. Und warum trägt Paul McCartney eigentlich einen anderen Anzug als seine drei Mitbeatles? Und kommen die vier nicht gerade vom Friedhof ? Tobias kramt andere Platten raus und findet dann mehr und mehr Beweise für die Theorie, die der obercoole örtliche Plattenladenbesitzer ihm anvertraut hat. Paul McCartney ist längst tot und wurde durch einen Doppelgänger ersetzt.

Wenn man sich erinnert, wie ernst manche Leute Verschwörungstheorien seinerzeit nahmen (Musiktitel rückwärts hören, Botschaften des Ku-Klux-Klan in Marlboro-Schachteln suchen), dann bildet „Paul is Dead“ genau die nervige, aber sympathische Dosis Irrsinn ab. Fast genauso gaga erscheint heute die Manie, mit absolut schrottigen Cassettendecks jeden Scheiß im Radio mitzuschneiden.

Für Paul ist Alan Bangs vom WDR der Musikgott. Und Bangs fragt seine treuen Hörer ge- nau, welche Botschaft hinter dem Beatles-Backgroundgefasel steckt. So dauert die Verfolgung des McCartney-Mörders genau eine Woche. Bis zur Ausstrahlung der nächsten Bangs-Sendung. Der Nick Hornby in uns Popjungs zwinkert und ist ernsthaft gerührt von diesem Film.

ANDREAS BECKER

Am 3. 9 um 20 Uhr und 5. 9. um 22.15 Uhr, Hackesche Höfe 1

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen