piwik no script img

Stadionausbau: Noch mal nach Portugal im Herbst

■ Wird die Bildungsreise der Sportdeputation heute aus Gewissensbissen gekippt?

In der Sportdeputation wird es heute hoch hergehen: Eigentlich wollte das Gremium in sechs Wochen nach Portugal reisen, um die Baustellen der EM-Stadien zu besichtigen – Anschauungsunterricht für den Fall, dass Bremen WM-Austragungsort wird. Aber plötzlich steht das Vorhaben in der Kritik: Das achttägige Programm trägt deutlich touristische Züge. Für jeden der sechs Baustellenbesuche ist ein voller Tag vorgesehen – auch in Lissabon und Porto, wo jeweils zwei neue Stadien entstehen. Dazwischen ist reichlich Zeit für Stadtrundfahrten und Ausflüge. In den Reiseunterlagen ist neben den eigentlichen Reisezielen auch schon mal das Touristennest Faro markiert – weit ab der offiziellen Route wohl ein Tipp für jene, die noch ein paar Tage an der Algarve dranhängen wollen.

Als Anregung hätten sich fertige Stadien besser geeignet. Und die sind – mit WM-Standard – etwa in Hamburg, Gelsenkirchen oder Amsterdam zu sehen. Stattdessen will die Deputation in den Herbstferien für 1.939 Mark pro Person ins ferne Portugal reisen. Gut, dass die Bürgerschaft Reisen bis zu einer Höhe von 2.000 Mark finanziert. Nur wer ein Einzelzimmer möchte, muss 69 Mark aus eigener Tasche drauflegen.

Die Mehrheit der Deputierten hat sich für die Reise angemeldet, aber die kritischen Stimmen mehren sich. Der grüne Deputierte Matthias Güldner hatte schon vor über drei Monaten den Depuationssprecher Jürgen Pohlmann (SPD) schriftlich um Erläuterung des Reisezwecks gebeten. Auf eine Antwort wartet er bis heute. Auch gegenüber der taz wollte Pohlmann sich nicht vor der heutigen Deputationssitzung äußern. Da könnte das Aus für die Bildungsreise kommen: Die Grünen wollten von Anfang an nicht mit und auch einige SPD-Deputierte kritisieren die Reisepläne und gehen von einer Absage aus. Öffentlich wollen sie jedoch nicht Stellung beziehen – da verweisen sie lieber auf ihren schweigsamen Sprecher Pohlmann.

Für Michael Engelmann (SPD) ist die Reise „ein Vorschlag aus dem Sportressort“, der inhaltlich „noch nicht angereichert“ sei. Noch einfacher macht es sich sein CDU-Kollege Rolf Gagelmann: „Über den Zweck der Reise brauche ich keine Erklärungen abzugeben“, sagt er. Nur soviel verrät er: „Wir haben bestimmte Ziele, die wir mit der Reise auch erreichen würden.“ Deutlicher wird sein Parteifreund Hans-Georg Gerling, stellvertretender Sprecher der Deputation: „Es ist doch üblich, dass jede Deputation eine Reise pro Legislaturperiode macht. Das dient dem Zusammenhalt.“ jank

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen