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Eine grauer Hoffnungsträger

Thomas Bach, Exfechter und Sportfunktionär, ist seit gestern einer von vier IOC-Vizepräsidenten

Alles ist relativ – und nur deshalb konnte der graue Bürokrat Thomas Bach zum Hoffnungsträger für die olympische Bewegung werden. Ja, neben seinen senilen, korrupten und machtgeilen Kollegen aus dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) wirkt der Jurist aus Tauberbischofsheim richtig sympathisch. Das kleinere Übel hat Bach in den letzten Jahren so erfolgreich gespielt, dass er gestern bei der 111. IOC-Vollversammlung nicht nur mit überwältigender Mehrheit zu einem von vier Vizepräsidenten gewählt wurde, sondern auch die erstmals stimmberechtigten Athletenvertreter geschlossen für ihn stimmten. Darauf, so der neue IOC-Vize nach der Wahl, sei er besonders stolz.

Tatsächlich aber gilt Bach als einer der engsten Vertrauten von IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch. Die lauen Reförmchen seines „väterlichen Freundes“, die nach den Bestechungsskandalen vor allem dazu dienten, die Macht des IOC zu erhalten, hat der erfolgreiche Bürokrat mit konstruiert. Auch wenn er sich in der Öffentlichkeit, vor allem der deutschen, gerne als eloquenter Samaranch-Kritiker präsentiert, der tapfer für Demokratisierung und Transparenz im IOC kämpft.

Seine Sportfunktionärskarriere verdankt der erfolgreiche Florettfechter zum guten Teil dem Sportartikel-Tycoon Horst Dassler, der auch für die Installation von Samaranch verantwortlich ist. Ende der 80er-Jahre arbeitete Bach für Dasslers Firma Adidas – und schaffte derart unterstützt im Weltrekordtempo den Weg in die IOC-Exekutive. Für seine Kritiker ist das FDP-Mitglied daher vor allem ein voll ins System Samaranch eingebundener Opportunist. So leitete Bach im vergangenen Jahr die Kommission, die die Bestechung von IOC-Mitgliedern im Zusammenhang mit der Vergabe der Winterspiele 2002 an Salt Lake City aufklären sollte – obwohl er zuvor selbst der Prüfungskommission für die Bewerber dieser Spiele vorsaß. 1995 nutzte er aus Loyalität zu Samaranch seinen Einfluss, um das Höchstalter für IOC-Präsidenten auf 80 Jahre heraufsetzen zu lassen.Wenig später trat er wieder für eine Herabsetzung ein.

Als forsch und jugendlich gilt Bach dank seines im IOC-Vergleich geradezu zarten Alters von nur 46 Jahren. Und aufgrund seines bescheidenen Auftretens und seiner, was Korruption angeht, weißen Weste als Zukunft der olympischen Bewegung. Dabei glänzt er meistens als gedeckter Anzug, aus dem juristisch geschulte Einlassungen, die irgendwo zwischen Allgemeinplatz und zitierbarer Aussage liegen, quellen. Es kann davon ausgegangen werden, dass Bach das IOC-Präsidentenamt anstrebt – auch wenn er das momentan noch abstreitet. THOMAS WINKLER

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