das sydney-syndrom: Die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele lässt kein Auge trocken und keinen Mund zu
Paul Hogan reitet Rasenmäher
Ab heute berichten wir in einer täglichen Kolumne über die mediale Seite der Olympischen Spiele, zu erkennen am niedlichen Koalabärchen
Blacky bzw. Whity Fuchsberger hat schon vorgestern Abend, bei der Auf-die-Spiele-Einstimm-Arie der ARD, etwas Wahres gesagt: „Medien, Medien, Medien – die können ja nicht immer nur loben!“ Und gluckste danach wunderlich vor sich hin, wie es jetzt, im Alter, seine Art geworden zu sein scheint.
Recht hat der greise Mann. Und darum darf er auch die Spiele kommentieren. Zusammen mit den ARD- und ZDF-Experten Michael Antwerpes, Reinhold Beckmann, Johannes B. Kerner und den weiteren üblichen Verdächtigen. Plus dem Lichtblick Anne Will.
Es sind jedenfalls massenweise ReporterInnen vertreten bei den 26. Olympischen Spielen der Neuzeit, ein paar tausend. Vor 44 Jahren waren es nur vier. Das war der erste Vorteil. Der zweite: Reinhold Beckmann war nicht dabei. Und konnte darum auch nicht live von der Eröffnungsfeier, morgens, halb zehn in Deutschland, und abends, halb acht in Australien, Sachen durch den Äther jagen wie „Früher war es mal eine Giftmüllanlage“ (über Homebush Bay, wo das Olympiastadion steht), „heute ist es ein wunderschönes Stadion.“ Genau.
Er weiß auch, dass „Paul Hogan irgendwo versteckt ist“, bei der Eröffnungsfeier, im ersten Teil, in dem die vielen Pferdchen und ReiterInnen hereingaloppieren. Er weiß nur nicht genau, wo. Genauso wenig, wie er weiß, wer die Fahnen trägt, als nach dem Eingangsbrimborium endlich die Nationen einmarschieren. Er weiß zwar, dass „das Feuer eine besondere Bedeutung hat“ für die Australier, vor allem auch wegen der Buschbrände. Und er weiß, dass es doch einigen Ärger zwischen Hutu und Tutsi gab, und bemerkt das auch schön passend zum Einmarsch der Mannschaft aus Ruanda.
Und so hangelt sich Moderator Beckmann so begeistert wie inkompetent von Fettnapf zu Fettnäpfchen, von Kommentaren wie „Chelsea (Clinton) ist ein richtig hübsches Mädchen“ (fast nachdenklich) zu dem „kleinen Kartonballett“ und dem schlauen Satz „Auch aus Rasenmähern lassen sich olympische Ringe machen“.
Aber natürlich ist er beseelt vom olympischen Geist und insofern ja vielleicht nicht ganz zurechnungsfähig. Die Spiele gehen immerhin zwei Wochen lang, da kann man noch einiges dazulernen.
Kurz nach dem Höhepunkt, dem Entzünden des olympischen Feuers durch die Aborigines-Sprinterin Cathy Freeman, trompetet „Roy“ Blacky Fuchsberger, der Ex-Wallace-Kommissar, „G’ Day Mate“ und seit 18 Jahren Australier, rotgesichtig und aufgeregt sein „Thank You Sydney!“, diese Feier habe dazu beigetragen, diese ungeheure Kluft zwischen Besetzern und Besetzten zu schließen. Bei so viel Möchtegern-Positivismus und hoffnungsfrohen Unkenrufen möchte man am liebsten abschalten. Muss man auch. Die Eröffnungsshow ist nämlich vorbei. Und Beckmann endlich ruhig. JENNI ZYLKA
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