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Harmonie vor Prag

Vor der Weltbank-Tagung werden Freund und Feind an einen Tisch geholt – auch in Berlin. Die taz sprach mit Weltbank-Mitarbeiter Mats Karlsson

von KATHARINA KOUFEN

Dialog, Harmonie, Verständnis. Bei der Tagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds Ende des Monats in Prag soll es friedlich zugehen. Das wünscht sich der tschechische Präsident Havel und lädt deshalb kommenden Samstag Globalisierer und Globalisierungsgegner an einen Tisch. Und weil der Weg nach Prag über Berlin führen kann, finden derzeit auch dort diverse Vorgespräche statt.

Vergangene Woche machte Mats Karlsson Zwischenstopp in Berlin. Der gebürtige Schwede und studierte Musiker ist Vizepräsident bei der Weltbank-Abteilung für Außenbeziehungen in Washington. Auch er setzt auf Dialog: „Egal, ob ich mit den Kindergärterinnen meiner Kinder oder mit meiner Tante in Schweden rede: Ich merke, dass die Leute über die Globalisierung sprechen wollen“, sagte er im Gespräch mit der taz.

Was hat die Globalisierung mit der Weltbank zu tun? Karlsson betonte, eine der wichtigsten Aufgaben für die Bank sei es, die armen Länder bei der Herstellung billiger Medikamente gegen Aids zu unterstützen. Dem steht aber die Welthandelsorganisation (WTO), die wichtigste Protagonistin der Globalisierung, entgegen: Sie besteht auf der Patentierung von „geistigem Eigentum“. Damit zwingt sie arme Länder, teure Medikamente von den Firmen zu kaufen, die die Patente auf diese Mediamente besitzen, anstatt sie im eigenen Land billiger herzustellen. Karlsson sieht diese Diskrepanz weniger zwischen Weltbank und WTO, sondern eher als Problem Afrikas, weil „nur ein ganz, ganz kleiner Teil der Patente von Afrikanern angemeldet werden“. Billigere Medikamente werde es aber trotzdem geben: „Die Weltbank bemüht sich darum, zusammen mit der Weltgesundheitsorganisation. Und jetzt sieht es aus, als würde die großen Firmen einlenken und an die armen Länder billiger verkaufen.“

Eines der wichtigsten Themen wird in Prag – wie schon auf der Frühjahrstagung in Washington – das Verhältnis von IWF und Weltbank sein. Konservative US-Abgeordnete hatten im Frühjahr eine Studie veröffentlicht, in der sie den Rückzug des IWF aus den ärmsten Ländern fordern. Der Fonds sollte ausschließlich für kurzfristige Zahlungsschwierigkeiten der Industrie- und Schwellenländer zuständig sein, hieß es in der Studie. Den ärmsten Ländern hingegen solle die Weltbank mit Zuschüssen helfen.

Bislang sah das Verhältnis so aus, „dass die Weltbank reparieren darf, was der IWF kaputtgemacht hat“, wie die Entwicklungsverbände ihre Kritik formulieren. Denn die Sparprogramme des Fonds, die als Bedingung für seine Kredite gelten, führen zu Arbeitslosigkeit und verteuern Sozial- und Gesundheitsleistungen. Karlsson setzt daher auf die „enge Zusammenarbeit“ der beiden Institutionen: „Die seit einem Jahr laufenden Armutsbekämpfungsprogramme könnte der IWF ohne uns gar nicht machen“, sagte er. Das ist derzeit das Lieblingsargument, bei der Weltbank wie beim IWF. Es wird sicherlich auch in Prag wieder kräftig bemüht.

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