piwik no script img

Kampf der Stadtmusikanten ums Stadion

■ Fans sind empört, weil die neue Werder-Hymne von HSV-Fans gesungen wird / Nach dem Streit um die (Kraft-)Ostkurve droht nun wieder Ungemach zwischen Club und Anhängern

„Wir steh'n für Werder Bremen ein, unser'n Verein“, tönen Klaus&Klaus neuerdings vor jedem Werder-Heimspiel aus den Stadionlautsprechern (taz berichtete). Für einen Teil der Fans klingt das wie der blanke Hohn: Das Internet-Fanzine fanpool.de berichtete kürzlich, dass mindestens einer der beiden Sänger in Wahrheit HSV-Anhänger ist. Für viele Werder-Fans ist das ein rotes Tuch, verbindet die Fangruppen beider Nord-Vereine doch tiefe Abneigung.

Die fanpool-Macher mussten tief ins Archiv steigen um zu belegen, was vielen Fans längst bekannt war. Im Fachblatt „Kicker“ vom 12. März 1990 wurden sie schließlich fündig: Dort wird Klaus Baumgart, die schwerere Hälfte des Duos, als „Edelfan“ des HSV zitiert, der sich beschwert, dass er auswärts nicht im Mannschaftshotel der Hamburger unterkam. Damit nicht genug: Auch für Schalke 04 und den VfB Oldenburg sowie für den Handball-Bundesligisten THW Kiel sollen die beiden Kläuse schon Hymnen aufgenommen haben.

In den Gästebüchern von fanpool und werder-online löste das einen Sturm der Entrüstung aus: Seitenweise ereifern sich Werder-Anhänger auf unflätigste Weise (“Kotz&Klüngel“, „Arschmaden“) darüber, dass ihnen falsche Fans untergejubelt wurden. Dabei hätte es auch einen „Richtigen“ gegeben: Arnd Zeigler, seit 25 Jahren Werder-Fan, hat unter dem Namen „Deutschmacher“ den Song „Das W auf dem Trikot“ aufgenommen. Das Stück auf die Melodie der Hymne „Football coming home“ erklang bislang beim Einlaufen der Mannschaft. Zeigler, der „viel schlecht bezahlte Arbeit“ investiert hatte, ist „etwas enttäuscht“, dass er für die neue Hymne nicht gefragt wurde – die spielten Klaus&Klaus mit den Mr.-President-Machern Kai Matthiesen und Jens Neumann ein. Auf Anfrage der taz berichtet Zeigler, die beiden hätten sich gegenüber verschiedenen Werder-Mitarbeitern abfällig über ihn geäußert. Zu ihm persönlich habe Neumann gesagt: „Wir machen euch platt“ und „‚Das W auf dem Trikot« wird kein Bein mehr auf den Boden bekommen“. Erstaunt stellte Zeigler später fest, dass seine CD in Werders Online-Fanshop als „nicht lieferbar“ verzeichnet ist – dabei sind noch reichlich Exemplare auf Lager.

Werder-Pressesprecherin Marita Hanke dementiert jegliche Intrigen: Man habe sich für die Produzenten von Mr. President entschieden, weil Zeigler „ja nicht in dem Sinne Komponist und Produzent sei“. Überhaupt nicht verstehen kann sie die Spekulationen des fanpool-Autors: Demnach wäre Zeigler ausgebootet worden, weil er für Radio Bremen 4 arbeitet, während Werder mit HitRadio Antenne zusammenarbeitet. „Wir kooperieren doch auch mit Radio Bremen. Und die neue CD von Arnd Zeigler, die im Oktober erscheint, werden wir auch in unseren Vertrieb aufnehmen.“ Auch Vermutungen, die fanpool-Macher würden für ihren Bericht vom Verein abgestraft, weist Hanke zurück. Die ständigen Begleiter der Mannschaft hatten von Schalke 04 keine Presse-Akkreditierung bekommen und vermuten eine Intervention von Werder. „Auf Schalkes Anfrage haben wir lediglich mitgeteilt, dass es sich bei fanpool.de um eine Fanseite handelt“, sagt Hanke. Das ist nicht Fanpools erster Konflikt mit Werder: Ihren ursprünglichen Namen „Werder1.de“ mussten die Fanzine-Macher auf Druck des Vereins abgeben.

Der Streit um die richtige Hymne geht indes weiter: Im Internet rufen Fans dazu auf, die neue Hymne künftig aus der Ostkurve mit dem Zeigler-Song zu überstimmen. Auch der Konflikt um die Umbenennung der Ostkurve zugunsten des Werbepartners Kraft-Foods (taz berichtete) ist noch nicht ganz ausgestanden: Mit der Kompromiss-Sprachregelung „Kraft präsentiert die Ostkurve“ sind nicht alle Fans einverstanden. jank

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen