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Deutsche Musik

■ Yoav Talmi dirigierte Henze und Mahler in der Musikhalle

Die Uraufführung der Fünften dirigierte Gustav Mahler 1904 selbst; von Aufführung zu Aufführung verbesserte er die Klanggestalt, machte die fünfsätzige Sinfonie transparenter. Bei aller Klarheit in der Struktur sah Mahler allerdings die Gefahr, dass die „gesteigerte Polyphonie“ der Fünften vielleicht nicht angemessen dargeboten werde. Schon das große Instrumentarium ist nicht leicht zusammen zu bekommen.

Auch Yoav Talmi, neuer Chefdirigent der Hamburger Symphoniker, musste mit weniger Vorlieb nehmen. So verzichtete Talmi darauf, das Werk in seiner Gänze zu bezwingen, und wählte statt dessen eine fast szenische, der Kameratechnik verwandte Art der Interpretation. Er verlängerte mit der vom Publikum gefeierten Fünften Sinfonie eine Technik, die durch die Drei Orchesterstücke Hans Werner Henzes bereits vorgegeben schien.

Henzes neoklassizistisch gefärbte Orchesterstücke von 1996 – eine Instrumentierung einer Klaviersonate Karl Amadeus Hartmanns – behandelte Talmi gleichsam szenisch, gar episodisch, als ginge es ihm um Beispiele von Musik. So ist Talmis Arbeit politisch zu verstehen: In Interviews war zu lesen, dass der Israeli Talmi es als „Verpflichtung“ sehe, „deutsche Musik“ zu spielen; das applaudierende Publikum, welches mitunter so alt ist, dass es noch zur Tätergeneration zählt, dankt es Talmi als Vergeben und Vergessen.

Doch Talmi, dessen Familie von Deutschen ermordet wurde, glaubt sich einer Generation gegenüber, die „nichts mit der dunklen Vergangenheit zu tun hat“. Das ist naiv und richtig nur in dem Sinne, dass der offizielle Kulturbetrieb von sich bloß glaubt, er lasse keine politischen Überschattungen zu. Möglich, dass Talmi das nutzt, um allein durch die Musikauswahl für das Konzert der vorgeblichen Verpflichtung für „deutsche“ Musik eine andere Wendung zu geben: Mahlers Fünfte setzt mit einem Trauermasch an; Hartmann – und so auch Henze – ging es ausdrücklich um das Leiden der KZ-Häftlinge während der Todesmärsche 1945.

Roger Behrens

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