piwik no script img

man not at work – heute: dieter baumann. 2 jahre gesperrt. geht durch die hölle statt an den start

Der Fall Dieter Baumann hat seinen absurden Höhepunkt erreicht. Der Weltverband IAAF hat den Leichtathleten gestern rückwirkend für zwei Jahre wegen Dopings gesperrt. Baumann darf im olympischen 10.000-Meter-Lauf nicht starten. Besonders gemein ist es, weil der 35-Jährige längst vor Ort ist. Weil er sich immer so vehement gegen Doping eingesetzt hatte. Weil er mit Irrsinnsaufwand die Anschlagstheorie verfolgt hat – bis hin zu den über Stasi-Akten belegten Kenntnissen, wie man Zahnpastatuben manipuliert. Weil das Verfahren jetzt so auffällig schnell durchgepeitscht wurde.

Der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), Helmut Digel, sollte gestern die juristischen Zusammenhänge erklären. Er konnte nicht mehr: „Das sind Sachen, die kein Mensch versteht.“ Digel, ein Gläubiger Baumanns, erkannte „nicht haltbare Paradoxien“.

Die tatbeteiligten Gremien, Ausschüsse, Kammern und Gerichte sind sowohl auf nationaler wie auf internationaler Ebene kaum mehr zu zählen. Der DLV, selbst intern zerstritten, startete pflichtgemäß, als Baumann im November nandrolonpositiv getestet wurde, als Ankläger, wurde dann zum Verteidiger Baumanns und steht jetzt genau so dumm und tief frustriert da wie der Athlet.

Bleibt der Gnadenweg. Erfolgsaussichten: gering. Den Internationalen Sportgerichtshof CAS erkennt die IAAF nicht an. Der Missionschef der deutschen Olympiamannschaft, Klaus Steinbach, sieht wenig Chancen: „Die Zeit läuft uns davon.“ Er hält Baumanns Karriere „für sicher beendet“. Von Baumann selbst, der in Sydney noch verhört worden war, gab es gestern keine Stellungnahme. Ersatzweise von Segler Roland Gräbler: „Baumann macht die Hölle durch.“ Baumanns Anwalt Lehner: „Wir machen weiter.“ Nur wo? Bei einem Zivilgericht vor Ort? Und wenn es ein Anschlag war: Wo wurde gestern gefeiert? MÜLL

kommentar SEITE 10

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen