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Betr.: GAL-Mitgliederversammlung, TOP Mühlenberger Loch / Dasa-Erweiterung
Falsche Partei?
Es war irritierend: War man auf der Veranstaltung der falschen Partei gelandet oder lag es daran, dass man noch Flausen im Kopf hatte, eine grüne Partei müsste auch grünen Grundsätzen treu sein? Senator Porschke zur Verteidigung der Dasa-Erweiterung ins Mühlenberger Loch: „Wir wollen diese Wertschöpfung, wir wollen diese Arbeitsplätze.“ Aha. Arbeitsplätze, Wertschöpfung, egal wie, egal womit, selbst wenn das Produkt ein Flugzeug ist, bekanntermaßen einer der ärgsten Umweltkiller! Und das noch in der Variante des A3XX, ein Giganto-Flieger, von dem noch niemand weiß, ob er sich nicht als ein ebensolcher Irrsinn wie die Concorde herausstellen wird. Oder ist von den Grünen das Flugzeug jetzt ökologisch exkulpiert worden, nachdem ja auch schon das Auto zum grünen Emanzipations-Vehikel geadelt wurde?
Es geht ja nicht nur um die Zerstörung des Mühlenberger Lochs, so schrecklich das für sich genommen ist, weil jeder weiß, dass es wirkliche Augleichsmaßnahmen nicht gibt. Es geht um eine wirtschaftspolitische Weichenstellung für die nächsten Jahrzehnte mit weitreichenden Folgen für uns alle:
-Industrialisierung des Süderelberaumes mit der entsprechenden Gefährdung landwirtschaftlicher Strukturen und touristischer Nutzung.
-Etablierung eines zweiten stadtnahen Großflughafens mit den dazugehörigen Emissionen (Dreck, Lärm) und Gefährdungen (siehe Concorde-Absturz).
-Unglaublich hohe Haushaltsbelastungen (mindestens 1,1 Milliarden), die auf Jahre die Finanzierung „unproduktiver Bereiche“ (Bildung, Kultur, Sozialeinrichtungen...) in Frage stellen, sicher mit Ausnahme reichlicher Mittel für die TU Harburg.
-Veränderung des sozio-kulturellen Klimas der Stadt durch die verstärkte Anwerbung sogenannter technischer Intelligenz und die Ausrichtung des städtischen Angebots auf deren Wohn-, Konsum- und Freizeitverhalten.
Statt ökologisch und sozial zukunftsweisende Projekte zu entwerfen, kehrt man also zurück zur umweltzerstörenden sozialdemokratischen Industrialisierungspolitik der 60er und 70er Jahre, die ihre Kontinuität z.B. gerade im Braunkohletagebau in der Lausitz (Horno) demonstriert. Sicher, die Weichenstellung dafür erfolgte schon im Koalitionsvertrag, aber jetzt hätte es noch einmal die Möglichkeit gegeben - wenn schon nicht zur Umkehr, so doch wenigstens zum Innehalten, jetzt, da das erste Mal ernsthaft angetestet wird, wie leicht man Verträge mit der GAL unterlaufen kann, indem eben nicht alle Bedingungen eingehalten werden (Endmontage, Anzahl der versprochenen Arbeitsplätze). Aber nein, außer ein paar Leider-leider-Krokodilstränen kommt nur ein trotziges „Arbeitsplätze, Arbeitsplätze, Arbeitsplätze!“. Na klar, soll uns doch alle der Teufel holen, Hauptsache, er erwischt uns am Arbeitsplatz.
Wie sagte Frau Radcke: „Wir werden an dem gemessen, was wir tun.“ Genauso ist es!
Wolf-Hartwig Meyer
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