Suchen, Finden, Sterben

■ Nach Ibsen: „Gynt Hotel“ im Monsun

Sie ist stets aktuell: die Suche nach sich selbst. Während manche den Globus nach Antworten durchforsten, ziehen sich andere in die neuronalen Gemächer ihres Kopfes zurück. Nachzulesen ist dies etwa bei Ibsens Peer Gynt von 1867. Als literarische Figur hat Gynt die Option, beide Wege zu gehen. Denn was sich wie eine jahrzehntelange, Kontinente umspannende Reise liest, ist womöglich nur eine Ausgeburt seiner rankenden Imaginationen.

Anlässlich seines 20-jährigen Jubiläums bringt das Monsun-Theater heute eine ganz spezielle Interpretation des Klassikers auf die Bühne: Gynt Hotel. Auf Selbstsuche begibt sich in der Konzeption von Jens Paarmann der Literat John Müller (Till Huster). Mit Schreibmaschine im Gepäck findet der seine Kreativität des nachts in immer anderen Hotelzimmern - bis es ihn ins Gynt Hotel verschlägt. „Wie eine Metapher“ sei dieses Hotel für die Reise ins Ich, erläutert Intendantin Ulrike von Kieseritzky.

Inhaberin des Ambientes ist Solveig. Hatte sie in Ibsens Versdrama noch die gewichtige Rolle der passiv, aber gerne wartenden Geliebten inne, holt Regisseur Paarmann diese mütterliche Lichtgestalt nun in das geheimnisvolle Hotel mit der einen oder anderen dunkle Ecke.

So verpflichtet Solveig (Morena Bartel) jeden Gast, ihr die Geschichte ihres Liebsten Peer Gynt zu erzählen. Dessen ausgedehnte Fahrten inklusive dubioser Geschäfte und gehäuft gestellter sexueller Anforderungen hinterlassen in ihrer Rauschhaftigkeit auch bei John Müller tiefe Spuren: Strudelartig zieht der durch die eigene Erzählung geschaffene Gynt den armen Schriftsteller an, bis er vollständig in seiner Rolle aufgeht. Vollständig? Muss Müller tatsächlich in Solveigs Armen Erlösung finden und sterben? Vielleicht sollte man fragen, wo eigentlich die anderen Hotelgäste sind.

Liv Heidbüchel

Premiere: heute, 20 Uhr (ausverkauft), noch 23., 24. + 28.9., 20 Uhr, Monsun Theater