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Man gewinnt, man verliert

Die unglückliche 0:1-Niederlage gegen Norwegen im olympischen Halbfinale verarbeiten die deutschen Fußballerinnen mit Standards aus dem Reich der Floskeln: „So ist Fußball eben“

SYDNEY taz ■ Das Ergebnis im Halbfinale des olympischen Fußballturniers gegen Norwegen hatte Tina Theune-Meyer offensichtlich ein wenig die Sinne vernebelt. „Es ist schade, wir wollten unbedingt unter die großen drei kommen“, sagte die Bundestrainerin, ungeachtet der Tatsache, dass der dritte Platz in Sydney durchaus noch möglich ist, wenn im Bronzemedaillenmatch gegen Brasilien gewonnen wird. Doch Brasilien hatte Theune-Meyer gar nicht auf der Rechnung, gemeint waren die beiden Endspielteilnehmer, USA und Norwegen, sowie China, das in der Horrorgruppe mit diesen drei Teams den schwarzen Peter erwischt hatte.

Endlich mal wieder ein Erfolg gegen Norwegen hätte für das DFB-Team die angestrebte Adelung bedeutet, und selten in den letzten Jahren war dieser Erfolg so nahe wie gestern. Es gab aber eine unglückliche 0:1-Niederlage und statt am Donnerstag um die Goldmedaille zu spielen, muss man nun drei Stunden vorher um Bronze antreten gegen Brasilien, die ebenfalls 0:1 gegen Weltmeister USA verloren.

„Nichts gegen Norwegen“, sagte Stürmerin Inka Grings anschließend zerknirscht, „aber es war ziemlich leicht, ins Finale zu kommen.“ Eine Einschätzung, die der Coach der Skandinavierinnen, Per-Mathias Hagmo, gern bestätigte. „Wir hatten viel Glück“, gab er zu, „in der ersten Halbzeit waren die Deutschen besser, und insgesamt hatten sie fünf oder sechs Torchancen, wir mit viel gutem Willen zwei.“ Tatsächlich war vom hoch gelobten norwegischen Pressing nichts zu sehen, von einer klaren Spielanlage noch viel weniger. „Wir wussten, dass die Deutschen spielerisch und physisch sehr stark sind. Um gegen sie gewinnen zu können, müssen wir sie unter Druck setzen, das haben wir nicht geschafft“, räumte Hagmo ein. Während das DFB-Team mit schnellem Flügelspiel vor allem über die starke Ariane Hingst auf der rechten Seite die norwegische Abwehr des Öfteren schlecht aussehen ließ, versuchten es die Norwegerinnen mit hohen, weiten Schlägen nach vorn und hofften auf einen Zufall. Der kam in der 80. Minute, als Tina Wunderlich einen dieser langen Bälle über die überflüssigerweise herauseilende Keeperin Silke Rottenberg ins eigene Tor köpfte. „Gut gespielt, durch so’n Scheißtor verloren“, grämte sich die Unglücksräbin.

Danach war Floskel-Time im deutschen Team. „Man gewinnt als Mannschaft, man verliert als Mannschaft“, nahm die Bundestrainern die Selbsttorproduzentin in Schutz und fügte hinzu: „So ist eben Fußball, und darum spielen wir ihn so gerne. Es kann alles mögliche passieren.“ Da wollte sich Norwegens Coach Hagmo nicht lumpen lassen und lieferte angesichts des unverhofften Dusels seinerseits ein braves „So ist eben Fußball“ ab. Inka Grings sprach Wunderlich ebenfalls frei und lud zumindest eine Teilschuld auf ihre eigenen Schultern. „Ich hatte zwei Dinger auf‘m Fuß, wenn ich die mache, gewinnen wir. Daran werde ich noch zu knabbern haben.“

Sichtlich zu knabbern hatte auch Doris Fitschen. „Der große Traum, Endspiel, Goldmedaille, ausgeträumt“, meinte die 31-Jährige, die mit einem Wechsel in die neue Profiliga in den USA liebäugelt, und schien es immer noch nicht ganz glauben zu können. Während die Norwegerinnen sich nun zum achten Mal in diesem Jahr daran versuchen dürfen, Weltmeister USA zu ärgern – dreimal taten sie dies mit Erfolg – steht Tina Theune-Meyer vor der schwierigen Aufgabe, ihrem Team die Enttäuschung auszutreiben und es noch einmal für das Match um Platz drei zu motivieren. „Wir haben uns vorgenommen, eine Medaille zu holen und haben immer noch die Chance“, sagt Inka Grings trotzig. Und vielleicht überdenkt im Erfolgsfall die Bundestrainerin sogar noch mal diese ominöse Sache mit den großen drei.

MATTI LIESKE

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