■ Autofrei? Mit gutem Willen und Vernunft ist hier wohl nichts auszurichten. Aber wenn der Bürgermeister das anordnet . . .
: . . . „No pollution“ in Athen

betr.: „Heute soll es mal ohne Auto gehen“, taz vom 22. 9.

Wie schön das klingt . . . autofrei! Doch leider ist es wohl so, dass die autoverwöhnten Europäer und speziell die raserwütigen Deutschen wohl eher ihre beiden Nieren verkaufen würden, als mal einen einzigen Tag aufs Auto zu verzichten.

Mit gutem Willen und Vernunft ist hier wohl nichts auszurichten. Das Umweltbewusstsein, so viel in den Medien hochgespielt, endet am Gaspedal des Blechsargs. Einzig mit einer drastischen Erhöhung der Ökosteuer auf Autokraftstoffe, so um zehn bis 15 Mark pro Liter, und gesetzlichen Maßnahmen kann es gelingen, dem immer schlimmer werdenden Automassenwahn zu begegnen.

Dazu jedoch sind die Politiker aller Parteien aber sicher nicht bereit, würden sie doch das Wohlwollen der Autoindustrie verspielen. Also, auch am autofreien Tag, ihr Europäer: auf ein fröhliches Umweltverpesten und ein zünftiges Bummsfallera im Stau.

CHRISTIAN GRUPE, Eggensein

Erster autofreier Tag in Athen

Seit Mittwoch hängt die gelbe Wolke wieder über der Stadt, bei Temperaturen bis 38 Grad kein Wunder. Da kommt der 22. September gerade recht. Athen autofrei. [. . .]

Beim Blumengießen auf dem Balkon fährt schon der erste Radfahrer vorbei mit Aktentasche auf dem Gepäckträger. Ein gutes Zeichen, denke ich, hatte ich mich doch erst gestern über eine Frau geärgert, die ihren Motor genau unter meiner Wohnung minutenlang laufen ließ, ohne ans Wegfahren zu denken.

Mit dem Fahrrad brauche ich zehn Minuten zur U-Bahn, und die Kommentare der sonst so coolen Athener sind freundlich-ironisch: Fährst du nach Athen? (Vom Vorort sind es zehn Kilometer in das Zentrum, bei normalem Verkehr Selbstmord, aber heute scheint alles möglich). Nein, ich fahre nur zur U-Bahn, und die ist heute kostenlos. Genauso wie Busse und Trolleys, die in den teilnehmenden Stadtteilen zusätzlich eingesetzt werden. Neben Athen beteiligen sich noch 57 andere Städte in Griechenland an der Aktion.

Am Syntagma-Platz steige ich aus, Hauptplatz, Hauptstraßen. Als ich die Treppen hochlaufe, erwartet mich eine Überraschung. Das hätte ich nicht gedacht, nur Busse, Taxis allerdings und jede Menge Motorräder. Wenn der Bürgermeister das anordnet, dann richten sich die Athener danach, hatte mir vor wenigen Tagen eine griechische Bekannte gesagt. Offensichtlich hatte sie Recht. Auf den Straßen zwischen Omonia-Platz, Syntagma-Platz und Dionysiou Areopagitou stehen die Leute in Trauben an den Bushaltestellen, viele mit Luftballons in der Hand, die von Lyzeumsschülern verteilt werden: No pollution.

[. . .] Ich möchte gern ein Programm vom Tag, das bekommt man auf dem Klafthmonos-Platz bei der Universität, wo heute Abend das große Konzert sein soll, umsonst und draußen mit Dionysis Savopoulos, Miltos Paschalidis und anderen Beliebtheiten. Man könnte sich jetzt ein Fahrrad am Rathaus kostenlos ausleihen oder ein Theaterstück auf dem Syntagmaplatz ansehen. Ich gehe Richtung Zentralmarkt, verweile bei einem klassischen Straßenkonzert.

Dann treffe ich Marie. Eigentlich wollte ich nur nach dem Weg fragen, aber wir kommen ins Gespräch, und sie nimmt mich mit zur Plaka und sagt nur immer wieder: Wie seltsam heute. Und: Warum kann das nicht immer so sein?

Wir schlendern in der Mitte der Straße und freuen uns leise.

SYLVIA ROSSMANITH, Athen

Ich hätte schon mal mein Auto stehen lassen (auch wenn ich von Köln rechtsrheinisch nach Bonn dann eineinhalb Stunden statt 30 Minuten brauche), aber, da ich nicht regelmäßig fernsehe und im Radio eher Kultursendungen höre, hätte ich es schön gefunden, meine Tageszeitung (taz) hätte mich einen Tag zuvor darauf hingewiesen, statt irgendwann gegen zwölf Uhr mittags mit der Mitteilung in meinem Briefkasten zu landen – da war ich nämlich schon längst auf der Arbeit und habe leider auch im Verkehr nichts bemerkt von autofrei. Wie schade!

STEFANIE HERRMANN, Köln