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Soundspaces

Gute Musik spreche für sich selbst, heißt es, den Rest regelt die Style-Polizei. Aber das stimmt nicht: Wer so spricht, will sie tatsächlich zum Verstummen bringen – nur um sie allein durch ihre Warenform erneut zur Bedeutung zuzulassen, die kaum mehr sein kann, als ein flexibles Angebot von Identitäten: Musik, die richtig für uns ist, „wenn wir beim Snowboarden gerne kiffen“ oder „in einer Internetagentur arbeiten“.

Mit solcherlei Hören – und Schreiben – hatte der britische Musikkritiker David Toop nie etwas am Hut. Als in den 80ern andere Pop mit Großbuchstaben buchstabierten, schrieb er mit Rap Attack ein Standardwerk, das um die soziale und materialästhetische Seite einer jeden Referenz wusste.

Eine Dekade später – andere Musikkritiker erblickten in Cultural Studies die Lösung aller Welträtsel – wandte sich der ehemalige Avantgardemusiker in Ocean of Sound dem Ambient zu. Mit Goa und New-Age-Mystizismus hatte seine Perspektive allerdings kaum etwas zu schaffen. Er spannte den Bogen seiner Ästhetik über all jene Strömungen, die sich am Rande des Geräuschs und Raumklangs bewegen. Dort machte er einen musikalischen Orientalismus aus, den Edward Said ein „Wissen über den Orient, das viel über westliche Projektionen und herrschaftsansprüche ... verrät“ genannt hatte.

Jenen Exotica (erschienen beiSerpent's Tail, 12,99 Pfund Sterling) hat Toop nun ein Buch gewidmet und darin von der falschen Inka-Prinzessin Yma Sumac über Easy-Elektroniker Esquivel bis hin zu Ornette Coleman den musikalischen Topografien eines imaginierten „Fremden“ nachspürt. Daraus wird er heute Abend zu Musikbegleitung vortragen. Und weil er schon mal in der Stadt ist, diskutiert er morgen mit Mecedes Bunz (de:bug), Tobias Rapp (Jungle World), Martin Pesch (Spex), Scanner und der Berliner Clubaktivistin Mo (Electro Music Department) über „Crossoverphänomene“ zwischen Kunst- und Musikszene. Fünf Stunden soll die Veranstaltung gehen: „Theorie-Ambient“ muss man das dann wohl nennen.

Tobias Nagl

heute, 20 Uhr, Yoko Mono, Marktstr. 41; Sa, 13-18 Uhr, Symposium, ab 22 Uhr Club, Sound Aka Space-Ausstellung, Bugenhagenstr. 5

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