Minimum zivilen Umgangs

betr.: „Zensur oder Missverständnis?“, taz vom 20. 9. 00

Ihren Artikel fand ich ausgesprochen bedauerlich, da er die von mir Ihrem Redakteur geschilderten Tatbestände einfach ausspart.

So ging es ursprünglich um die Wanderausstellung von zwei Skulpturen eines israelischen Künstlers, die auch im Pestalozzi-Fröbel-Haus gezeigt werden sollte. Meine ebenfalls abgedruckte Unterschrift bezieht sich auf diese Ausstellung! Nachdem die Skulpturen beschlagnahmt worden waren, kündigte der Vorsitzende des Landesverbandes der Psychiatrieerfahrenen, Herr Talbot, in einem Schreiben im Juni dieses Jahres an, dass an einer veränderten Ausstellungskonzeption gearbeitet werde. Seitdem hat es keinen weiteren Kontakt gegeben, bis dann am 18. September Herr Talbot ohne jegliche vorherige Rücksprache im zentralen Treppenhaus der Schule metergroße Aussstellungswände platzierte.

Ich bin darüber über unseren Hausmeister unterrichtet worden, nachdem dies im Hause zu großer Unruhe geführt hat. Ich vertrete die Auffassung, dass eine solche Ausstellung in einer Schule einer inhaltlich-fachlichen Einbindung bedarf und dass die Lehrer/innen vorab Gelegenheit haben müssen, die veränderte Konzeption kennen zu lernen und sich dafür zu entscheiden. Ich habe mir nicht vorstellen können, dass meine Bereitschaft zur Kooperation auch bezogen auf eine neue Konzeption bedeuten sollte, dass keinerlei weitere Absprachen stattfinden und dass es nun einzig Herrn Talbot überlassen sein sollte, zu entscheiden, wann er was und an welchem Ort in unserem Haus aufstellt.

Mir ist es leider nicht gelungen, dieses Minimum zivilen Umgangs miteinander Herrn Talbot zu vermitteln. Die Frage der Pressekonferenz am nächsten Tag hat in unseren Gesprächen jedoch keine Rolle gespielt. Ich vermag allerdings nicht mehr an einen Zufall zu glauben, wenn gleichsam in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Ausstellungswände im Treppenhaus so platziert werden, dass die reichlich vertretene Presse diese hätte passieren müssen. Andererseits wird ebenso Medienwirksamkeit erreicht, wenn die Stiftung sich gegen eine solche Verfahrensweise wehrt. Hier von Zensur zu reden, ist ebenso unfair, wie es das Vorgehen von Herrn Talbot selbst ist. SABINE HEBENSTREIT-MÜLLER, Direktorin der

Stiftung Pestalozzi-Fröbel-Haus