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„Keine Studiengebühr ist unsozial“

Der Streit um die Einführung von Studiengebühren geht in die heiße Phase. Außer Bayern und Baden-Württemberg sind alle Länder für ein kostenloses Erststudium. „Strafzölle“ für Langzeitstudenten sind damit noch nicht vom Tisch

Peter Glotz und Hans Olaf Henkel wollen sie, die Berliner CDU denkt darüber nach, sie einzuführen, die Berliner SPD ist dagegen und die Grünen sind in Bund und Ländern gespalten. Die Rede ist von Studiengebühren. Was dem Stier das rote Tuch ist, war noch bis vor kurzem den Politikern die Studiengebühr.

Mittlerweile hat sich eine Menge geändert. Unter dem Druck leerer Kassen und überquellender Hörsäle aber auch unter dem Siegel des globalen Bildungswettbewerbs hat die Diskussion um das Für und Wider des kostenfreien Studiums an Schärfe gewonnen. So meint der Präsident des Bundesverbandes der deutschen Wirtschaft, Hans Olaf Henkel: „Keine Studiengebühren ist unsozial.“

Im Mai schien der Kompromiss nahe: Die Kultusminister der 16 Bundesländer einigten sich im thüringischen Meinigen darauf, das Erststudium innerhalb der Regelstudienzeit auch künftig frei von Gebühren zu halten. Zudem hätten die Länder frei entscheiden können, bei einer Überschreitung der Regelstudienzeit um mehr als vier Semester eine Strafgebühr einzuführen. In einem Staatsvertrag, also einer Vereinbarung der Länder untereinander, sollte dieser Kompromiss festgeschrieben werden. Doch diese Übereinkunft ist bereits wieder Schnee von gestern. Bayern und Baden-Württemberg legten ihr Veto ein. Im Oktober soll bei einem Treffen der Kultusminister eine endgültige Entscheidung fallen.

Zumindest in Berlin herrscht erstmal Ruhe an der Gebührenfront: „Senator Christoph Stölzl persönlich befürwortet Studiengebühren“, heißt es aus der Senatsverwaltung für Forschung. „Selbstverständlich“ halte er sich aber an die Koalitionsvereinbarung. Und in der steht ausdrücklich: „Bei der anstehenden Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes ist das bestehende gesetzliche Verbot von Studiengebühren in der Erstausbildung aufrechtzuerhalten.“

Die Feinheiten liegen wie so oft im Detail. Eine gebührenfreie Erstausbildung sagt noch lange nichts über die Kosten aus, die bei Zweit- oder Doppelstudien entstehen. Überdies sind auch „Strafzölle“ für Langzeitstudenten damit noch nicht vom Tisch.

Für die Berliner Grünen sind Studiengebühren für Langzeitstudenten indiskutabel: Die Gründe für ein langes Studium lägen nicht in bloßer „Bummelei“, sondern vielmehr am „Zwang zum Arbeiten“. Die Ablehnung von Studiengebühren bedeutet für die Hauptstadt-Grünen aber nicht, dass sie Reformen grundsätzlich verneinen. Durch die „Steigerung von Drittmittelwerbung“ sowie „angemessene Entgelte für die Nutzung universitärer Einrichtungen durch Professoren“ soll Geld in die Kassen gespült werden. Studiengebühren für Hochschullehrer sozusagen.

Sollten sich die Länder im Oktober nicht endgültig einigen, gibt es noch die Möglichkeit des Bundesgesetzgebers, Studiengebühren über die Änderung des Hochschulrahmengesetzes zu verbieten. Es ist aber umstritten, ob der Bund seine Kompetenzen dabei nicht überschreitet. Bayern und Baden-Württemberg haben bereits angekündigt, in diesem Fall Klage einzureichen.

Als eine „pfiffige Lösung“ bezeichnet die Sprecherin des Bundesbildungsministeriums den Vorschlag des rheinland-pfälzischen Wissenschaftsministers Jürgen Zöllner (SPD). Der will Studienzeitkonten einführen, die von den Studenten abgerufen werden können. Studenten könnten diese Gutscheine für konkrete Lehrveranstaltungen einlösen – so wie die aktuelle Lebenssituation es gerade erfordert. Praktika, Erziehungszeiten aber auch Teilzeitstudien sollen damit flexibel zu gestalten sein.

So sehr sich Gegner und Befürworter eines kostenfreien Erststudiums auch beharken: Solange das eingenommene Geld nicht tatsächlich von den Hochschulen für die Verbesserung von Lehre und Forschung genutzt wird, wäre nichts gewonnen. Das ist auch Volkes Meinung: 57 Prozent aller Deutschen befürworten nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa die Einführung von Studiengebühren.

Die Befragten sprachen sich aber nur dafür aus, wenn das Geld direkt den Unis zu Gute kommt. Üblicherweise werden zusätzliche Einnahmen aber anders genutzt: Für das Stopfen von Haushaltslöchern. Aber die finanzieren Studenten über die Biersteuer wohl schon zur Genüge. VOLKER ENGELS

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