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Philippsburg: Castor-Alarm verschoben

Frankreich will erst Castoren nach La Hague rollen lassen, wenn der dort noch lagernde Atommüll zurück nach Deutschland transportiert wird

aus Frankfurt am MainKLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Rollen Castoren mit abgebrannten Brennelementen in diesem Jahr doch nicht mehr von Deutschland nach Frankreich? Ausgerechnet die Regierung in Paris weigert sich, in La Hague (Normandie) weiteren deutschen Atommüll anzunehmen, so lange nicht der dort noch lagernde deutsche Müll wieder zurück nach Deutschland transportiert wird. Doch das kann noch dauern. Denn eine Eisenbahnbrücke auf dem Weg zum Zwischenlager Gorleben, in das die Castoren gebracht werden müssen, wird gerade erneuert. Und deshalb seien Rücktransporte wohl erst „ab dem Frühjahr 2001“ wieder möglich, sagte Bundesumweltminister Jürgen Trittin am Samstag in Berlin.

Ein Sprecher der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW), Betreibergesellschaft der Atomkraftwerke Philippsburg I und II, wollte am Sonnabend die vorübergehende Abschaltung der beiden Reaktoren im Landkreis Karlsruhe nicht mehr ausschließen, falls die noch für das Jahr 2000 geplanten fünf Transporte abgebrannter Brennelemente nach La Hague nicht durchgeführt werden könnten. Der erste Castor wartet dort schon fertig gepackt auf seinen Abtransport. Schließlich seien die Abklingbecken schon seit der letzten Revision randvoll mit abgebrannten Brennelementen. Und die nächste Revison stehe unmittelbar bevor. Probleme mit der Entsorgung könnte es auch an den AKW-Standorten Biblis, Stade und Neckarwestheim geben, falls die Regierung in Paris hart bleibt.

Die französische Position sei dem Bundeskanzleramt schon nach dem deutsch-französischen Umweltrat vor zwei Wochen mitgeteilt worden, legte Trittin am Samstag offen. Aufgrund eindeutiger gesetzlicher Bestimmungen im Nachbarland sei der „Bewegungsspielraum“ der Regierung in Paris „nicht sehr groß“. Und die Bundesregierung nehme die Bedingung der Franzosen, dass der in La Hague lagernde Müll vor der Aufnahme neuer Kontingente zurückgenommen werden müsse, „sehr ernst“. Er glaube aber nicht, dass deutsche Atomkraftwerke aufgrund von Verzögerungen beim Abtransport von Atommüll stillgelegt werden müssten. Gemäß der Vereinbarungen über den Atomausstieg werde die Bundesregierung den „ungestörten Betrieb“ der Anlagen gewährleisten, so Trittin abschließend. Auf dem EU-Gipfel in Biarritz erörterten der französische Regierungschef Lionel Jospin und Bundeskanzler Gerhard Schröder das Thema. Unter Berufung auf „hochrangige Regierungskreise“ berichtete die Berliner Zeitung am Samstag, Jospin wolle vom Kanzler eine „schriftliche Garantie“ haben, dass der seit Mai 1998 in La Hague auf seine Rückreise nach Deutschland wartende Atommüll „spätestens in den ersten Monaten des nächsten Jahres“ dort abgeholt werde. Unklar ist, ob die Transporte nach La Hague nach Abgabe einer Erklärung umgehend aufgenommen werden können.

Die Widerstandsfront gegen jegliche Atommülltransporte jedenfalls steht. Denn dass die Transporte erst im Frühjahr 2001, wenn die Brücke zum Zwischenlager Gorleben fertig ist, losgehen könnten, glaubt auf Seiten der Atomkraftgegner niemand. Man werde weiter wachsam bleiben und weiter mobilisieren, sagte der Sprecher der Initiative „x-tausendmal quer – überall“, Jochen Stay, gestern gegenüber der taz.

In Philippsburg demonstrierten gestern rund 1.000 Atomkraftgegner ihre Entschlossenheit, sich zukünftigen Atommülltransporten in den Weg zu stellen.

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