Mehr Brot und Spiele für die Architekten

■ Können Investoren zu Architektur-Wettbewerben verpflichtet werden? Die Baudeputation diskutiert heute, wie man der siechen Baukultur auf die Sprünge helfen kann

Etwas besseres als den Tod findest Du überall. Wirklich? Wären die Stadtmusikanten Architekten gewesen, hätten sie sich vermutlich nicht auf den Weg nach Bremen gemacht. Denn hier gibt es – gemessen an der Größe der Kommune – erstaunlich wenige Beispiele für herausragende neue Gebäude. Über Qualität wird in den meisten Fällen nicht lange diskutiert, Investoren, die zunehmend öffentliche Aufgaben übernehmen, bestellen ihre Leib-und-Magen-Planer, die junge Generation mit ihren möglicherweise beflügelnden Ideen bleibt außen vor. Kurzum: Es gibt ein Problem in der Bremer Baukultur.

Kritiker dieser Situation machen dafür zu einem guten Teil verantwortlich, dass offene Architektur-Wettbewerbe hierzulande eher die Ausnahme sind. „Bremen ist das einsame Schlußlicht der ganzen Republik“, meint der Präsident der Architektenkammer, Wilfried Turk. Dabei bietet dieses Instrument die schöne Gelegenheit, Alternativen zu diskutieren, um so vielleicht zum optimalen Ergebnis zu kommen. In der Realität gelten Wettbewerbe, bei denen zahlreiche Büros ihre Pläne einreichen, jedoch als zeitraubend und teuer. Turk spricht von gebetsmühlenartigen Bemühungen, Bauherren vom Gegenteil zu überzeugen.

Und: Im Gegensatz zur öffentlichen Hand, die ab einem bestimmten Auftragswert EU-weit ausschreiben muß, haben private Investoren alle Freiheiten, Einladungen an ihre Lieblingsarchitekten zu verschicken. Ob Siemens-Hochhaus, Polizeihaus, Getreideverkehrsanlage, Contrescarpe-Center: Hier macht sich der Geldgeber darüber Gedanken, wer baut, und nicht eine Fachjury oder die Öffentlichkeit.

Und die Bremer Stadtgemeinde als Ausloberin? Hier fehle es ganz einfach an Interesse, an wirklich neue Ideen heranzukommen, sagt die Bremer Architektin Monika Heuß. „Das Stadtplanungsamt ist sicherlich nicht für Innovationen gut“, meint die 37-Jährige, die in einem Zwei-Personen-Büro arbeitet. Sie hat sich in einer architektonischen Nische eingerichtet und plant vor allem Umbauten und „Wohnraum-Anpassungen“ für Rollstuhlfahrer – im niedersächsischen Umland. In Bremen selbst habe man einfach ganz wenig Chancen, an irgend etwas heranzukommen. Bauträger haben das Häuslebauen übernommen, und die öffentliche Hand hat nicht mehr viel zu vergeben.

Die Einsicht, dass die Situation alles andere als befriedigend ist, ist inzwischen auch in den politischen Raum vorgedrungen. Heute beschäftigt sich die Baudeputation mit dem Thema „Wettbewerbe in Raumplanung, Städtebau und Bauwesen in Bremen“. Im Mai hatten die Grünen in der Bürgerschaft einen entsprechenden Antrag gestellt. Hauptforderungen: Bei öffentlichen Bauvorhaben sollten offene Wettbewerbe durchgeführt werden – was nur spärlich passiert, beim Verkauf städtischer Grundstücke müssten Wettbewerbe vertraglich vereinbart werden, und auch bei öffentlich geförderten Baumaßnahmen gehörten Wettbewerbe vereinbart. Beim Flughafen beispielsweise hätte man die Vergabe von Grundstücken durchaus an entsprechende Verpflichtungen knüpfen können.

In der von der Baubehörde vorbereiteten Beschlussvorlage wurden die Vorschläge der Grünen vorsichtig aufgegriffen. Und in der Deputation hat sich die SPD die grüne Position zu Eigen gemacht, nur die CDU gibt sich zweifelnd: Dass Wettbewerbe kein Allheilmittel seien, habe schließlich die Teerhof-Bebauung gezeigt, so Helmut Pflug-radt. Ob sich die Deputationsmitglieder heute auf mehr als die vielen guten papiernen Vorsätze verständigen werden? Möglicherweise hilft ihnen ja Roland Berger auf die Sprünge: Wie zu hören ist, hat der Allgegenwärtige auch im Bereich Architektur mehr Wettbewerb empfohlen. hase