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Wir sind ja unter uns

betr.: „Ein Volk, ein Staat, eine Armee“, taz vom 17. 10. 00

Die guten alten Zeiten sind vorbei, in denen man sich mit der Verwendung der Begriffe „Volk“ und „Schicksalsgemeinschaft“ unmöglich gemacht hätte: Auf liberaler und linker Seite ist ein gewisser Gleichmut eingekehrt. Und das ist vielleicht auch ganz gut so.

Nur bei manchen Aufrechten bleibt Beklemmung. Es wird immer noch reflexartig der Wolf im Schafspelz vermutet. Und da niemand seinen Schafspelz freiwillig ablegt, gilt es zu entlarven. In diesem Sinne spricht die Autorin von „Codes“ und „Sprachregelungen“. Doch es gibt nicht nur das Schaf oder den Wolf. Eine Sprache kann auch wörtlich genommen werden – was ja oft schon schrecklich genug ist – und muss nicht in jedem Fall Code für noch viel schlimmere, für schwarz-braune Gedanken sein. In meinen Augen spricht aus dem Artikel ein bequemer und altbekannter Entlarvungseifer, der sich an einer relativ harmlosen Rede abarbeitet. Auffällig ist, dass gerade viele ihrer eigenen Formulierungen (braver Biedermann, Codes, Sprachregelungen, Schlüsselwörter, doppelbödige Signale) insinuierenden Charakter haben, ohne dass ihre Zitate das damit suggerierte Urteil wirklich abstützen könnten. Es wird an keiner Stelle ausgesprochen, wofür diese Sprachregelungen und Codes eigentlich stehen. Aber wir sind ja unter uns und wissen, wie der Hase läuft.

T. SPYROPOULOS, Berlin

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