Veteranenkongress im Vakuum

Eine Rentnercombo startet durch: Mit seinem Film „Space Cowboys“ leistet Clint Eastwood den ultimativen Beitrag zur spatialen Altersdiskussion

Gleich zu Beginn seines neuen Films verschafft sich Clint Eastwood einen Auftritt, der sozusagen die Inthronisation des potenten Pensionärs markiert. Bei Reparaturarbeiten schließen sich Eastwood und seine Frau aus Versehen in der eigenen Garage ein. Dunkelheit ist halt gemütlich, und als die Tür von zwei hochoffiziellen Besuchern per Fernbedienung von außen geöffnet wird, sind die beiden gerade kurz davor, zu Sache zu gehen. Einer dieser komisch-peinlichen Komödienmomente, der neben der Fortschreibung des Eastwood-Mythos aber auch etwas Ernsthaftes hat: Wann sieht man im Kino, geschweige denn in einem US-Mainstream-Film schon mal zwei Menschen um die siebzig, die sich leidenschaftlich küssen?

Eigentlich der Lonesome Cowboy, zeigt Eastwood in „Space Cowboys“ wahren Teamgeist. Als ehemaliger Militärpilot Frank Corvin bekommt er von der Nasa den Auftrag, bei der Reparatur eines defekten russischen Satelliten zu helfen, weil sich kein jüngerer Kollege mehr an die altmodische Technik herantraut, die da noch im Weltall herumschwirrt. Für Corvin die willkommene Gelegenheit, sich und seinen alten Air-Force-Kumpels nach vierzig Jahren doch noch den großen Lebenstraum zu erfüllen: einmal ins All.

Mit der Rentnercombo aus Eastwood, Donald Sutherland, James „Rockford“ Garner und Tommy Lee Jones wird dieser Weltraumausflug zu einem gerontophilen Anschlag auf das klasische Action-Kino. Wobei die Ironie des Regisseurs Eastwood einer totalen Selbstbeweihräucherung des Veteranen vorbeugt.

Zumal bei den physischen Eignungstests der Nasa: Wenn James Garner beim Joggen kaum die Füße hochbekommt, wenn Donald Sutherland seine Kurzsichtigkeit mit kleinen Tricks überspielt und Tommy Lee Jones versucht, das hoch sensible Space-Shuttle so brachial zu landen wie die Propellermaschinen der 50er-Jahre, dann nimmt „Space Cowboys“ das Alter seiner Helden auf die Schippe, ohne es auszubeuten. Da sich der russische Satellit als raketenstarrende Killermaschine erweist, bekommt das ergraute Grüppchen sogar Gelegenheit, die Menschheit vor einer atomaren Katastrophe zu retten. Wobei die Weltraummanöver selbst eher enttäuschend sind. Beim Steuern, Knöpfedrücken und Berechnen wirken die betagten Helden auch nicht aufregender als jüngere Schauspielerkollegen. Ihre wahre Coolness, das weiß auch das teilweise ziemlich platte Drehbuch, liegt im schlichten Anachronismus. Es hat eben etwas Rührendes, wenn die vier nochmal die alten Bomberjacken anziehen und wie zum Western-Duell aufs Nasa-Hauptquartier zumarschieren. Oder wenn beim ersten Wiedersehen plötzlich schmerzlich auf den Gesichtern abzulesen ist, wie viel Zeit eigentlich vergangen ist.

Einen einzigen wirklich pathetischen Moment im All gönnt sich Eastwood natürlich. Wenn er ganz allein schwerelos vor der tiefblauen Erde schwebt, dann scheinen alle Bilder seiner langen Leinwandkarriere plötzlich in einem meditativen Moment zusammenzufließen. Dirty Harry ist zur Ruhe gekommen. Wie heißt es doch irgendwann so schön im Film: „Space will never be the same.“ ANKE LEWEKE

„Space Cowboys“. Regie: Clint Eastwood. Mit Clint Eastwood, Donald Sutherland, Tommy Lee Jones, James Garner u.a. USA 2000, 129 Min.