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Hansestädte im Hafen der Ehe

Hamburg und Bremen geloben, nicht länger des anderen Container zu begehren und fair miteinander umzugehen  ■ Sven-Michael Veit

Die Oberhäupter zweier Clans begraben nach mehr als 1000-jährigem Streite ihre Fehde und geloben friedliche Koexistenz. Und keine Formulierung ist ihnen zu schwüls-tig. Das „Ende der Hafenfeindschaft der Hanseschwestern“ wird beschworen, an einem „historischen Tag“ ein „neues Kapitel aufgeschlagen“ und eine „faire und dauerhafte Kooperation“ für beider rosige Zukunft versprochen.

Abseits des Pathos ist die Realität eine nüchterne. Die Hanse- und Hafenstädte Hamburg und Bremen haben aus nackter ökonomischer Angst beschlossen, nicht länger um jeden Preis des Anderen Kiste zu begehren. In einer Erklärung, welche die Genossen Bürgermeister Ortwin Runde und Henning Scherf gestern im Hamburger Rathaus unterzeichneten, wird die Absicht zu einer gleichberechtigten Partnerschaft zwischen den beiden größten deutschen Häfen bekundet. Angestrebt wird eine gemeinsame Holding für die drei marktbeherrschenden Betriebe auf den Containerterminals an Weser und Elbe.

Die beiden ganz oder überwiegend stadtstaatlichen Umschlagsbetriebe Hamburger Hafen- und Lagerhausgesellschaft (HHLA) und Bremer Lagerhausgesellschaft (BLG) werden Kooperationsverhandlungen aufnehmen, zum Mitmachen eingeladen wird die private Hamburger Eurokai, die bereits zusammen mit der BLG die Eurogate-Containerterminals in Bremerhaven und Hamburg betreibt. Das konkrete Konzept zur Umsetzung der Zusammenarbeit soll bis Ende März 2001 eine Lenkungsgruppe erarbeiten. Ihr gehören Wirtschaftssenator Thomas Mirow (SPD) und HHLA-Boss Peter Dietrich an sowie ihre Bremer Pendants Josef Hattig (CDU) und Detthold Aden.

Unter dem Globalisierungsdruck und in der Konkurrenz zu den Seehäfen Antwerpen und besonders Rotterdam gebe es gemeinsam die Chance zum Überleben, so der beiden Bürgermeister späte Erkenntnis. Gefördert wurde diese zweifellos durch die Debatte über einen Tiefwasserhafen an der Nordsee. Dieser gilt als erforderlich, da weder Elbe noch Weser endlos ausgebaggert werden können. Niedersachsens Regierungs-chef Sigmar Gabriel aber hatte vor zwei Wochen zwei Gutachten werbewirksam dazu ausgenutzt, Wilhelmshaven zur ersten Adresse für die geplanten Containerriesen der künftigen Schiffs-Generationen zu ernennen.

Das nahmen dem Genossen aus dem Binnenland vor allem die Hamburger übel. Sie treibt die Sorge um, die Elbmetropole würde von den großen Warenströmen abgeschnitten und zum Regionalhafen degradiert, wenn die Container aus aller Welt am Jadebusen landen würden. Hamburg favorisiert deshalb das nahe Cuxhaven an der Elbmündung; Bremen könnte wohl mit beiden Standorten auskömmlich leben. Am besten aber im Hafen der Ehe mit der großen Hanseschwes-ter.

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