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Friedensappelle unter Polizeischutz

Bei der Gedenkveranstaltung zum fünften Todestag von Jitzhak Rabin rufen die Führer der Arbeitspartei zur Fortsetzung des Friedensdialogs auf. Barak und Arafat reisen zu getrennten Gesprächen nach Washington. Unruhen fordern erneut zwei Tote

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Es war die am schärfsten bewachte Friedensdemonstration in der Geschichte des Staates. Sicherheitsbeamte kontrollierten fast jeden der rund 100.000 Menschen, die am fünften Jahrestag der Ermordung Jitzhak Rabins zusammenkamen. Auf den Dächern rund um den Platz vor dem Rathaus von Tel Aviv waren zudem Scharfschützen postiert. Zwei Tage nach dem Attentat in Jerusalem, bei dem zwei Menschen ums Leben kamen, wollte die Polizei offensichtlich kein Risiko eingehen.

Unter dem Motto „Gemeinsam erinnern, gemeinsam weitermachen“, rief das Jitzhak-Rabin-Zentrum zur Erinnerung an den Tod des Premierministers vor fünf Jahren auf. Vor allem Anhänger der linken Meretz und der Arbeitspartei waren dem Aufruf gefolgt, obschon der parteiunabhängige Charakter der Veranstaltung betont wurde, nicht zuletzt durch eine Einladung an den konservativen Staatspräsidenten Mosche Katzaw. „Barak – geh den Weg des Friedens“ stand auf einem der Plakate, „Vereint im Frieden“ auf einem anderen. Zentrale Redner des Abends, der von namhaften Musikern und Sängern mitgestaltet wurde, waren Premierminister Ehud Barak sowie Regionalminister Schimon Peres. Lea Rabin, die Witwe des ermordeten Expremierministers, konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Kundgebung teilnehmen. Daliah Rabin-Philosoph verlas einen bewegenden Brief ihrer krebskranken Mutter.

Die Stimmung blieb den ganzen Abend über eher verhalten, allein Schimon Peres erhielt deutliche Sympathiebekundungen von Seiten der Demonstranten, als er ans Mikrofon trat. Es gebe weder ein Volk der Herren noch ein Volk der Knechte, erklärte Peres. Auch auf palästinensischer Seite sei der aufrichtige Wunsch zur Fortsetzung des Friedensprozesses zu erkennen. Jassir Arafat unternehme Anstrengungen, die Gewalt einzudämmen.

„So hatten wir uns den fünften Gedenktag nicht vorgestellt“, begann Ehud Barak seine Rede, dennoch werde er die Hoffnung auf Frieden nicht aufgeben. In Camp David habe ein Gefühl des „Beinahe“-Friedens bestanden, doch die „schmerzliche Realität ist, dass die andere Seite noch nicht reif ist“. Barak will den Dialog um eine Endstatuslösung fortführen. In einem direkten Appell an Arafat forderte er den Palästinenserpräsidenten auf, sich „nicht von Extremisten auf einen Weg bringen zu lassen, der Leid für beide Völker“ bedeute. Arafat habe die Möglichkeiten, der Gewalt ein Ende zu machen.

Während Barak am Sonntag nach Washington reisen wird, um dort mit US-Präsident Bill Clinton zusammenzukommen, will Arafat, wie sein Sprecher gestern bestätigte, bereits am Donnerstag in die USA fliegen. Von einem Dreiergipfel ist derzeit noch nicht die Rede. Als Hindernis für eine mögliche Wiederaufnahme der Gespräche könnte sich die israelische Forderung erweisen, bereits vereinbarte Sicherheitsregelungen neu zu diskutieren, eine Notwendigkeit „aufgrund der Erfahrungen aus den vergangenen Wochen“, wie Ehud Barak erklärte. Bei weiteren Unruhen starben im Gaza-Streifen gestern erneut zwei Palästinenser. Nahe dem Flüchtlingslager Bureidsch wurde ein 16-jähriger Junge durch einen Kopfschuss getötet, am Grenzübergang Karni wurde ein 17-Jähriger ins Herz getroffen.

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