■ H.G. Hollein: Mitbringsel
Die Frau, mit der ich lebe, sieht mich lieber kommen als gehen. Das ist schön. Allerdings erwartet die Gefährtin, dass ich nicht allein komme, sondern mitbringe, was sie „kleine Aufmerksamkeiten“ nennt. Das ist ein weites Feld und bisweilen eine rechte Plage. Eine Packung Crême-Hütchen zum Beispiel wird unter Ausstoßung spitzer Entsetzensschreie – „Wie kannst du nur!“- zwar durchaus zügig vertilgt, ist aber nicht unbedingt etwas für jeden Tag. Deftigere Alternativen wie eine knackige Bockwurst mit einem Tütchen Senf hingegen lösen bei der Gefährtin schnell den schmollenden „Du liebst mich nicht mehr“-Reflex aus. Es gilt also, fein abzuwägen. Bücher kommen eigentlich immer gut. Andererseits werden „Mit Goethe durch den Tag“ oder „Noch mehr Briefe von Frauen, die zu sehr lieben“ schnell als die Verlegenheitslösungen erkannt, die sie dummerweise nun mal sind. Auch „Sex-Tipps für Girls“ werden bestenfalls mit einem geknurrten „Hm“ beiseite gelegt. Ganz verkehrt sind Hörbücher. „Du willst dich wohl nicht mehr mit mir unterhalten?“ schwebte nach der Darreichung einer „Harry-Potter-Cassette“ unangenehm lange im Raum. Ich habe schon daran gedacht, der Gefährtin einfach aus einem mitgebrachten Buch vorzulesen, aber ich nehme an, es gibt berufenere Stimmen, um die Gefährtin einzuschläfern. Außerdem ist das ja eigentlich nicht das Ziel meiner Anstrengungen. Blumen, sollte man meinen, sind unverfänglich, klassisch und werden immer gern genommen. Das stimmt schon. Vor allem die Katze, die mich duldet, hat sie zum Fressen gern. Um sie dann bei unpassendster Gelegenheit aufs Bett zu kotzen. Da halte ich mich doch lieber an die guten alten Nylons und eine Stange Zigaretten. Das mag etwas lands-knechtshaft daherkommen, aber wie dem auch sei, dann strahlen die Augen der Gefährtin.
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