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Herumreiten auf der Leitkultur

betr.: „Glückwunsch, CDU!“ von Ulrike Herrmann, taz vom 22. 11. 00

Ich fand Ihren Artikel sehr treffend – die CDU besetzt ein Thema, das die sozial verunsicherte „Neue Mitte“ anspricht und alle Welt redet davon – also auch die taz. Nach meiner Ansicht hätte die taz frühzeitig die von Ihnen aufgezeigten Gründe („Globalisierung“, „Downsizing“ usw.) für die verbreitete Ausländerfeindlichkeit darstellen müssen. Das Herumreiten auf der „Leitkultur“ und die teils tragisch-komischen Abgrenzungsversuche mit der Behauptung eines „kulturellen Rassismus“ usw. haben das Thema nicht entschärft, sondern die ausländerfeindliche Tendenz des Themas „Leitkultur“ geradezu verschärft.

Für mich sind die sozialen Lebensbedingungen der Menschen in Deutschland (inklusive Arbeitslosigkeit, Globalisierungsfolgen, „Downsizing“) die Hauptursache der Ausländerfeindlichkeit. Ich kann mich an die Zeiten der (Nahezu-)Vollbeschäftigung der 70er-Jahre noch gut erinnern. Ich war als Jugendlicher umgeben von einer Atmosphäre einer Vorurteilslosigkeit und Hilfsbereitschaft gegenüber den Ausländern, weil, und dies ist ja meine These, die sozialen Lebensbedingungen relativ (im Verhältnis der einzelnen sozialen Schichten zueinander) besser waren. Die Scherenentwicklung des Auseinanderdriftens zwischen Reich und Arm ist jüngeren Datums und beginnt so richtig erst mit der „geistig-moralischen“ Wende der CDU/CSU/FDP.

Aufgabe der taz ist es, die soziale Frage stärker zu thematisieren und nicht den Parolen anderer Leute (in diesem Falle Herrn Merz von der CDU) hilflos hinterherzulaufen.

MICHAEL HEINEN-ANDERS, Troisdorf

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