: Nida-Rümelin will helfen
Naumann-Nachfolger sieht die Stadt kulturell unterfinanziert. Bund soll noch aktiver werden
von RICHARD ROTHER
Die Hauptstad ist nach Ansicht des designierten Kulturstaatsministers Julian Nida-Rümelin (SPD) „kulturell unterfinanziert“. Berlin habe an Gesamtausgaben für Kultur eine etwa gleiche Größenordnung wie München, betonte Nida-Rümelin gestern in einem Zeitungsinterview. Berlin hat aber wesentlich mehr Einwohner als Müchen: 3,4 Millionen im Vergleich zu 1,3 Millionen. Nida-Rümelin ist der designierte Nachfolger von Michael Nauman. Nauman hatte in der vergangenen Woche seinen Posten aufgegeben, um Mitherausgeber der Zeit zu werden.
Berlin nehme als Hauptstadt eine spezifische Rolle wahr, so Nida-Rümelin. „Da kann der Bund unterstützen.“ Es solle jedoch kein „neuer Berliner Zentralismus“ entstehen. Es stelle sich nur die Frage, ob über das hinaus, was das Land Berlin leiste, noch eine Verantwortung des Bundes bestehe, zu helfen. Viele kulturelle Investitionen in Bonn wären nicht getätigt worden, wenn Bonn nicht die Bundeshauptstadt gewesen wäre. Dies in Berlin mit dem gleichen Maßstab fortzusetzen sei „legitim und kein Grund zur Aufregung“.
„Wenn wir in Berlin das Gleiche wie die Bonner bekommen könnten, wäre uns schon geholfen“, sagte gestern die kulturpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Alice Ströver. Über die Aussage Nida-Rümelins habe sie sich sehr gefreut. „Das hätten wir von seinem Vorgänger Michael Naumann gern gehört.“ Derzeit sei vorgesehen, dass Berlin jährlich rund 100 Millionen Mark für die Kultur erhält. Mit 80 Millionen Mark finanziert der Bund dabei Einrichtungen in Berlin wie etwa das Jüdische Museum. Weitere 20 Millionen Mark gingen in eine Kulturfonds des Landeshaushalts. Zum Vergleich: Die ehemalige Bundeshauptstadt Bonn hat jährlich 130 Millionen Mark vom Bund für die Kultur bekommen.
Im Bundesfinanzministerium gab man sich gestern zurückhaltend. Ihr sei nicht bekannt, dass eventuelle Aufstockungen der Berliner Kulturgelder geplant seien, betonte eine Behördensprecherin. Der Haushalt 2001 werde derzeit im Parlament beraten. Solche Initiativen müssten von den Abgeordneten kommen, die im Haushaltsausschuss sitzen. Klar sei aber, dass an anderer Stelle gekürzt werden müsse, wenn Berlin mehr bekommen wolle.
Die Vorsitzende des Kulturausschusses des Bundestags, Monika Griefahn (SPD), betonte gestern, Berlin werde vom Bund schon angemessen unterstützt. Über einzelne Punkte, etwa bei der „Topographie des Terrors“, könne man reden. „Es kann aber nicht sein, dass der Bund alles in Berlin übernehmen soll.“
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